BFH: Künstliche Befruchtung mittels ICSI-Methode kann einkommenssteuerrechtlich als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden

Die Kosten einer künstlichen Befruchtung mittels intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) kann einkommenssteuerrechtlich als außergewöhnliche Belastung gewertet werden. Die Befruchtung von mehr als drei Eizellen verstößt nicht gegen § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Embryonenschutzgesetzes (ESchG), wenn lediglich ein oder zwei entwicklungsfähige Embryonen zwecks Übertragung entstehen sollen und der Behandlung im Sinne des sogenannten deutschen Mittelwegs eine vorherige sorgfältige individuelle Prognose zugrunde liegt. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2010 unternahm ein nicht verheiratetes Paar in Österreich den Versuch einer künstlichen Befruchtung mittels der ICSI-Methode. Hintergrund dessen war, dass der Mann aufgrund einer Spermienanomalie unter Subfertilität litt. Die durch die Behandlung entstandenen Kosten in Höhe von ca. 17.260 EUR machte der Mann in seiner Einkommenssteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab, so dass der Mann schließlich Klage erheben musste.

Finanzgericht wies Klage ab Das Finanzgericht Baden-Württemberg wies die Klage ab. Die Kosten der künstlichen Befruchtung können nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 des Einkommenssteuergesetzes geltend gemacht werden. Denn die Behandlung habe gegen § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG verstoßen, da mehr als drei Eizellen befruchtet wurden. Während der Behandlung wurden insgesamt sieben Eizellen befruchtet. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision ein.

Bundesfinanzhof bejaht Möglichkeit der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung Der Bundesfinanzhof entschied zugunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung des Finanzgerichts auf. Zwar können Kosten einer künstlichen Befruchtung nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn die Behandlung gegen das ESchG verstoße. Ein solcher Verstoß liege aber nicht vor.

Kein Verstoß gegen Embryonenschutzgesetz aufgrund Befruchtung von mehr als drei Eizellen Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs sei es unzutreffend, dass § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG die Befruchtung von mehr als drei Eizellen kategorisch verbiete. Ein Verstoß liege in diesem Fall nicht vor, wenn lediglich ein oder zwei entwicklungsfähige Embryonen zwecks Übertragung entstehen sollen und der Behandlung im Sinne des sogenannten deutschen Mittelwegs eine vorherige sorgfältige individuelle Prognose zugrunde liege.

Zurückweisung des Rechtsstreits an Finanzgericht Der Bundesfinanzhof wies den Rechtsstreit an das Finanzgericht zwecks Prüfung, ob die Behandlung dem deutschen Mittelweg entsprochen habe, zurück.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesfinanzhof
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:17.05.2017
  • Aktenzeichen:VI R 34/15

Bundesfinanzhof, ra-online (vt/rb)