Oberlandesgericht Nürnberg zu den Voraussetzungen eines stillschweigenden Haftungsausschlusses und des Handelns auf eigene Gefahr

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat entschieden, dass für die Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses hohe Anforderungen gelten, insbesondere kann ein solcher nicht angenommen werden, wenn der Schädiger eine Haftpflichtversicherung hat. Derjenige, der sich bewusst oder fahrlässig Gefahren aussetzt, willigt zwar nicht in die Schädigung ein, kann aber wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, seinen Schaden ganz oder zum Teil selbst zu tragen.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist die Krankenkasse des Geschädigten und verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz. Hintergrund ist ein tragischer Vorfall: Der Beklagte und der Geschädigte wollten gemeinsam das Benzin aus dem Tank eines stillgelegten Pkw ablassen. Beide lagen unter dem aufgebockten Fahrzeug. Zunächst bohrte der Geschädigte mit einem Akku-Schrauber ein kleines Loch in den Plastiktank, aus welchem sodann Benzin tropfte. Nach einiger Zeit übernahm der Beklagte den Akku-Schrauber, da er aus seiner Position besser an den Tank heran kam. Der Geschädigte hielt ein Auffangbehältnis unter das Loch; es lief dabei Benzin auf seine Hand und seine Kleidung. Bei den Bohrarbeiten durch den Beklagten bildeten sich Funken, wodurch es zu einer Verpuffung und zu einer Entzündung des Benzins kam. Der Geschädigte fing dadurch Feuer und erlitt erhebliche Verletzungen, u. a. eine Verbrennung dritten Grades des Handgelenks.
Krankenkasse verlangt Behandlungskosten erstattet Die Klägerin verlangte von dem Beklagten die Zahlung von 9.984,72 Euro und herhob entsprechende Klage. Bei dem genannten Betrag handelt es sich um Behandlungskosten, welche die Klägerin als Krankenkasse des Geschädigten aufwenden musste. Bereits in der Klage ging die Klägerin davon aus, dass der Geschädigte ein Mitverschulden von 50 % trage.
Landgericht gibt Klage statt Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab der Klage statt. Der Beklagte habe durch sein Verhalten, nämlich das Bohren, die Verletzungen des Geschädigten verursacht. Er habe auch fahrlässig gehandelt, da ihm die Gefährlichkeit seines Handelns bewusst hätte sein müssen. Der Haftung stehe weder der Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr noch ein stillschweigender Haftungsausschluss entgegen.
OLG verneint stillschweigenden Haftungsausschluss Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung beim Oberlandesgericht Nürnberg ein. Diese wurde durch das Oberlandesgericht Nürnberg jedoch zurückgewiesen. Das Gericht teilte die Auffassung des Landgerichts, wonach kein stillschweigender Haftungsausschluss gegeben sei. Ein solcher sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände vorlägen. Regelmäßig sei dann nicht von einem Haftungsverzicht auszugehen, wenn der Schädiger - wie hier der Beklagte - über eine Haftpflichtversicherung verfüge. Es entspreche nicht dem Willen der Beteiligten, nicht den Schädiger, sondern die Haftpflichtversicherung zu entlasten. Auch unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr kommt nach Ansicht des Gerichts ein Haftungsausschluss nicht in Betracht. Die Tatsache, dass der Geschädigte möglicherweise die später verwirklichten Risiken bewusst oder leichtfertig eingegangen sei, stelle keine stillschweigende Einwilligung in die erlittenen Verletzungen dar. Der Geschädigte könne jedoch wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, einen Teil des Schadens selbst zu tragen. Die vom Landgericht angenommene Haftungsquote von 50 % hält das Oberlandesgericht für zutreffend, da die Verursachungsbeiträge des Beklagten und des Geschädigten als gleichwertig anzusehen seien.

  • Vorinstanz:
    • Landgericht Nürnberg-FürthUrteil[Aktenzeichen: 2 O 5797/16]

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Nürnberg
  • Entscheidungsart:Hinweisverfügung
  • Datum:04.09.2017
  • Aktenzeichen:4 U 1178/17

Oberlandesgericht Nürnberg/ra-online