Arzt haftet für fehlerhaften Wiedereingliederungsplan

Erlaubt ein Widereingliederungsplan bei einem als Lagerist tätigen Patienten das Heben von Lasten bis zu 40 kg nach einer Oberschenkelhalsbruch-Operation, haftet der Arzt für die Erstellung dieses Plans, wenn sich dadurch die Schmerzen nach der Operation verschlimmern und sogar die Implantierung einer Hüftprothese erforderlich wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Koblenz hervor.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist von Beruf Lagerist. Er zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu, der operativ durch Einbringen von Schrauben im Krankenhaus versorgt werden musste. Nach ca. 3 ½ Monaten wurden die eingebrachten Schrauben wieder entfernt. Der beklagte Arzt erstellte weitere 1 ½ Monate später - nach durchgeführter Röntgenuntersuchung - einen Wiedereingliederungsplan für den Kläger, der auf der ersten Stufe eine Arbeitszeit von vier Stunden täglich bei einer Maximalbelastung von 40 kg vorsah. Die Wiedereingliederungsmaßnahme brach der Kläger nach kurzer Zeit aufgrund von Schmerzen im Frakturbereich ab. Eine Untersuchung ergab, dass sich der Bruch verschoben hatte und der Hüftkopf geschädigt worden war. Dem Kläger musste ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt werden.
Kläger verlangt nach notwendigem Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks Schadensersatz Der Kläger machte vor dem Landgericht Koblenz geltend, dass die Schädigung der Hüfte auf den fehlerhaften Wiedereingliederungsplan zurückzuführen sei, der zu früh eine zu hohe Belastung vorgesehen habe, weshalb ihm im Ergebnis das künstliche Hüftgelenk habe implantiert werden müssen. Er verlangte vom behandelnden Arzt daher u.a. Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 16.000 Euro. Der Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, dass auf Basis der durchgeführten Röntgendiagnostik die stärkere Belastung erlaubt gewesen sei, binnen ca. 5 Monaten sei eine Oberschenkelhalsfraktur in der Regel verheilt. Nicht der Wiedereingliederungsplan, sondern die zu frühe Entfernung der Schrauben durch das Krankenhaus hätte zu den Schädigungen geführt.
Arzt ist vermeidbarer Diagnoseirrtum vorzuwerfen Das Landgericht Koblenz verurteilte den behandelnden Arzt nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Zahlung eines Schmerzensgeldes. Das Gericht war der Auffassung, dass dem Beklagten nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen ein vermeidbarer Diagnoseirrtum vorzuwerfen sei. Der Sachverständige habe dargelegt, dass auf Basis der gefertigten Röntgenbilder die Erstellung des Wiedereingliederungsplanes nicht angezeigt und die Empfehlung, Lasten bis zu 40 kg zu heben, behandlungsfehlerhaft gewesen sei. Die fehlende Knochenbruchheilung sei nämlich auf dem gefertigten Röntgenbild zu erkennen gewesen. Der Bruch beim Kläger sei noch nicht durchbaut - also hinreichend fest - gewesen. Der Diagnosefehler habe auch zu einem Schaden beim Kläger geführt, so das Gericht weiter. Dieser habe zwar nicht darin gelegen, dass dem Kläger ein künstliches Hüftgelenk habe eingesetzt werden müssen, die Implantation sei nämlich auch bei richtiger Diagnose nicht zu verhindern gewesen. Der Beklagte habe den Kläger aber nicht sofort, wie es erforderlich gewesen wäre, in das Krankenhaus zurückverwiesen, so dass der Kläger in einem Zeitraum von etwas mehr als zwei Monaten - vom Beginn der Behandlung durch den Beklagten bis zur Implantierung der künstlichen Hüfte - unter zunehmenden Schmerzen gelitten habe. Diese erheblichen Schmerzen würden laut Gericht im konkreten Einzelfall ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers in Höhe von 5.000 Euro rechtfertigen.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Landgericht Koblenz
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:25.01.2018
  • Aktenzeichen:1 O 359/16

Landgericht Koblenz/ra-online