BGH: Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers bei unterlassener Hilfestellung durch Versicherungsmakler

Ein Versicherungsmakler muss grundsätzlich bei der Regulierung eines Versicherungsschadens Hilfe geben. Kommt er dem nicht nach, kann dem Versicherungsnehmer ein Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu stehen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Versicherungsnehmerin einer Unfallversicherung machte gegen die Versicherungsmaklerin Schadensersatzansprüche geltend. Hintergrund dessen war, dass der Ehemann der Versicherungsnehmerin im April 2012 einen schweren Verkehrsunfall erlitt. Die Unfallversicherung lehnte aber im November 2014 eine Invaliditätsleistung mit der Begründung ab, dass die Invalidität nicht innerhalb der 18-Monats-Frist ärztlich festgestellt wurde. Die Versicherungsnehmerin führte an, von dieser Frist nichts gewusst zu haben. Ihrer Meinung nach hätte die Versicherungsmaklerin über die Frist aufklären müssen. Sie klagte schließlich auf Schadensersatz in Höhe der entgangenen Versicherungsleistungen von ca. 38.000 EUR.

Landgericht und Oberlandesgericht wiesen Schadensersatzklage ab Sowohl das Landgericht Osnabrück als auch das Oberlandesgericht Oldenburg wiesen die Schadensersatzklage ab. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts bestehe kein Schadensersatzanspruch, da nicht angenommen werden könne, dass die Klägerin die ärztliche Feststellung der unfallbedingten Invalidität rechtzeitig veranlasst hätte, wenn die Beklagte sie auf die laufende Frist hingewiesen hätte. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Klägerin.

Bundesgerichtshof bejaht Schadensersatzanspruch Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Klägerin und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Der Klägerin stehe dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu, da die Beklagte bei der Abwicklung des Versicherungsfalls eine Pflichtverletzung begangen habe. Der weite Pflichtenkreis des Versicherungsmaklers umfasse grundsätzlich auch die Hilfestellung bei der Regulierung eines Versicherungsschadens.

Unzulässige Annahme einer Fristversäumnis trotz Hinweis Es sei nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zudem unzutreffend, anzunehmen, dass die Klägerin trotz eines Hinweises der Beklagten auf die Notwendigkeit der ärztlichen Feststellung der unfallbedingten Invalidität innerhalb von 18 Monaten die Frist versäumt hätte. Es spreche nach der Lebenserfahrung nichts dafür, dass die Klägerin trotz des Hinweises nicht reagiert hätte.

Unterlassene Information des Versicherungsnehmers schließt Haftung des Versicherungsmaklers nicht aus Zwar gehöre es zur eigenen Verantwortung des Versicherungsnehmers, so der Bundesgerichtshof, sich über Ausschlussfristen in den Versicherungsbedingungen zu informieren. Der Versicherungsmakler könne sich aber auf diese Obliegenheit des Versicherungsnehmers nicht zur Verteidigung berufen, weil sie lediglich das Verhältnis des Versicherungsnehmers zum Versicherer betreffe. Der Versicherungsnehmer bediene sich gerade des Versicherungsmaklers als sachkundigen Fachmann, um seine Ansprüche zu wahren und durchzusetzen.

  • Vorinstanz:
    • Landgericht OsnabrückUrteil[Aktenzeichen: 9 O 1585/15]
    • Oberlandesgericht OldenburgUrteil[Aktenzeichen: 14 U 11/16]

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesgerichtshof
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:30.11.2017
  • Aktenzeichen:I ZR 143/16

Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)