Bereitschaftsarzt wegen fehlender Erkennung einer Malaria-Erkrankung zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt

Leidet eine Patientin nach einem außereuropäischen Aufenthalt an Fieber und Durchfall, muss ein Bereitschaftsarzt die Möglichkeit einer Malaria-Erkrankung in Betracht ziehen. Tut er dies nicht und veranlasst er insbesondere nicht die Einweisung der Patientin in ein Krankenhaus zwecks Blut- und Stuhluntersuchung, kann er auf Zahlung von Schmerzensgeld haften. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einer Reise durch das südliche Afrika im Jahr 2002 traten bei einer Frau während eines Aufenthalts in einem Hotelzimmer einer deutschen Stadt Fieber und Durchfall auf. Der herbeigerufene Bereitschaftsarzt untersuchte die Frau und diagnostizierte einen gastrointestinalen Infekt. Er verabreichte der Frau Paracetamol und verließ sie. Eine Malaria-Erkrankung zog der Arzt nicht in Betracht, obwohl die Frau auf den kürzlich zurückliegenden Auslandaufenthalt verwies. Nachfolgend verschlechterte sich der Zustand der Frau rapide. Sie erlitt ein Hirnödem und fiel ins Koma. Die Frau wurde schließlich vom Hotelpersonal bewusstlos in ihrem Zimmer vorgefunden und in ein Krankenhaus verbracht. Dort wurde eine Malaria-Erkrankung festgestellt und behandelt. Nachträglich klagte sie gegen den Bereitschaftsarzt unter anderem auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Landgericht gab Schmerzensgeldklage statt Das Landgericht Frankfurt a.M. gab der Schmerzensgeldklage statt. Dem Beklagten sei ein Befunderhebungsfehler vorzuwerfen. Er hätte die Klägerin selbst mit der Verdachtsdiagnose eines gastrointestinalen Infekts in ein Krankenhaus einweisen müssen. Gegen diese Entscheidung legte der Beklagte Berufung ein.

Oberlandesgericht bejaht ebenfalls Schmerzensgeldanspruch Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung des Beklagten zurück. Der Klägerin stehe ein Schmerzensgeldanspruch zu, da dem Beklagten ein Diagnosefehler und das Unterlassen einer therapeutischen Aufklärung vorzuwerfen sei.

Möglichkeit einer Malaria-Erkrankung aufgrund Fieber und Durchfall Es liege nach Ansicht des Oberlandesgerichts ein vorwerfbarer Diagnosefehler vor, weil der Beklagte angesichts der Symptome und der Kenntnis vom außereuropäischen Aufenthalt zumindest auch Malaria in Betracht habe ziehen müssen. Dafür haben konkrete Anhaltspunkte bestanden. So seien Fieber und Durchfall mindestens für zwei Krankheiten kennzeichnend: Malaria und Magen-Darm-Infekt.

Erforderlichkeit einer Einweisung ins Krankenhaus Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei dem Beklagten eine mangelnde therapeutische Aufklärung vorzuwerfen. Er hätte angesichts der Symptome dafür Sorge tragen müssen, dass die Klägerin in ein Krankenhaus eingewiesen wird. Es sei eine Blut- und Stuhluntersuchung zur Abklärung der vom Beklagten angenommenen Diagnose eines Magen-Darm-Infekts dringend erforderlich gewesen.

Kein Mitverschulden aufgrund unterlassener Malaria-Prophylaxe Der Klägerin sei kein Mitverschulden anzulasten, so das Oberlandesgericht, weil sie vor ihrem Aufenthalt in Afrika keine Malaria-Prophylaxe vorgenommen habe. Es mache für das Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Patienten keinen Unterschied, ob der Patient durch eigene Schuld behandlungsbedürftig geworden ist oder nicht.

  • Vorinstanz:
    • Landgericht Frankfurt am MainUrteil[Aktenzeichen: 2-18 O 175/07]

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Frankfurt am Main
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:21.03.2017
  • Aktenzeichen:8 U 228/11

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)