Klage von Kapitalanlegern gegen Porsche wegen Verletzung sog. Ad-hoc-Mitteilungspflichten im VW-Abgas-Skandal: Landgericht Stuttgart verpflichtet Bosch zur Herausgabe von Akten

In zwei Streitverfahren von Kapitalanlegern gegen die Porsche Automobil Holding SE wegen Verletzung sog. Ad-hoc-Mitteilungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz im Zusammenhang mit dem sog. VW-Abgas-Skandal ordnete das Landgericht Stuttgart gegenüber der Drittbeteiligten Robert Bosch GmbH gem. § 142 Zivilprozessordnung (ZPO) die Herausgabe von Unterlagen, insbesondere einer Reihe von E-Mails, an. Hiergegen wandte sich die Robert Bosch GmbH unter Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht aus sachlichen Gründen gem. § 384 ZPO.

In zwei Streitverfahren von Kapitalanlegern gegen die Porsche Automobil Holding SE wegen Verletzung sog. Ad-hoc-Mitteilungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz im Zusammenhang mit dem sog. VW-Abgas-Skandal ordnete das Landgericht Stuttgart gegenüber der Drittbeteiligten Robert Bosch GmbH gem. § 142 Zivilprozessordnung (ZPO) die Herausgabe von Unterlagen, insbesondere einer Reihe von E-Mails, an. Hiergegen wandte sich die Robert Bosch GmbH unter Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht aus sachlichen Gründen gem. § 384 ZPO.

Das Landgericht Stuttgart hat diesen Zwischenstreit durch Zwischenurteil entschieden und den Einwand der Robert Bosch GmbH zurückgewiesen.

Kein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 384 Nr. 1 ZPO
Das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 1 ZPO setzt voraus, dass durch die Beantwortung der Frage ein unmittelbarer vermögensrechtlicher Schaden verursacht wird. Nach Auffassung des Richters verursacht die Urkundenvorlage keinen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden bei der Robert Bosch GmbH. Die Robert Bosch GmbH sei als bloßes Zulieferunternehmen nicht für den Schutz von Kapitalanlegern ihrer Vertragspartner verantwortlich. Erst recht treffe sie eine solche Verantwortung nicht gegenüber Anlegern sonstiger Unternehmen, wie der Porsche Automobil Holding SE, zu denen die Robert Bosch GmbH in keinerlei Geschäftsbeziehung stehe.

Kein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 384 Nr. 2 ZPO § 384 Nr. 2 ZPO begründet ein Zeugnisverweigerungsrecht (ergo: Herausgabeverweigerungsrecht) über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem Angehörigen zur Unehre gereichen oder der Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Auch diese Gefahr sieht der entscheidende Richter durch die Herausgabe der Unterlagen nicht als gegeben an. Durch die angeordnete Herausgabe der Unterlagen, die ein compliancegemäßes Verhalten bis Juni 2008 attestierten, setze sich die Robert Bosch GmbH gerade nicht der Gefahr der Strafverfolgung aus. Denn diese Unterlagen könnten gerade nicht kausal für spätere Aufsichtspflichtverletzungen ab dem Jahr 2009 sein. Im Übrigen stünde einer etwaigen Verfolgungsgefahr das Prozesshindernis der Verjährung entgegen.
Auch kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 3 ZPO Schließlich wurde ein Verweigerungsrecht nach § 384 Nr. 3 ZPO abgelehnt. Danach darf die Beantwortung von Fragen verneint werden, die der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren. Bei der Softwaremanipulation der Motorsteuerung handele es sich um eine wettbewerbswidrige Praxis. Die Rechtsordnung anerkenne nur in engen Grenzen die Geheimhaltung illegaler, wettbewerbswidriger Geheimnisse. Vorliegend sei die Robert Bosch GmbH nicht schutzwürdig, da die Vorlage der Urkunden nicht in Rechtsgüter Unbeteiligter eingreife, sondern sich gegen den Gefahrverursacher, die Volkswagen AG, richte.

Das Zwischenurteil kann von der Robert Bosch GmbH mit der sofortigen Beschwerde (§ 387 Abs. 3 ZPO) zum Oberlandesgericht Stuttgart angefochten werden.

    Angaben zum Gericht:

    • Gericht:Landgericht Stuttgart
    • Entscheidungsart:Urteil
    • Datum:13.07.2018
    • Aktenzeichen:22 O 205/16 und 22 O 348/16

    Landgericht Stuttgart, ra-online