Jobcenter muss Kosten für Schüleraustausch nicht als Bedarf für Bildung und Teilhabe übernehmen

Ein Schüleraustausch, bei dem mehrere Schüler einer Jahrgangsstufe für mehrere Tage oder Wochen ins Ausland reisen und der nicht von der Gesamtlehrerkonferenz mit Einverständnis der Schulkonferenz beschlossen worden ist, stellt keine mehrtägige Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen dar. Die den betroffenen Schülern entstehenden Aufwendungen müssen daher nicht vom Jobcenter als Bedarf für Bildung und Teilhabe übernommen werden. Dies entschied das Sozialgericht Stuttgart.

Im zugrundeliegenden Fall begehrte die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten in Höhe von 1.867 Euro für eine zweiwöchige Reise nach China im Rahmen eines Austauschprogramms des von ihr besuchten Gymnasiums durch das Jobcenter.
Reise ohne Beteiligung und Zustimmung der Gesamtlehrer und Schulkonferenz stellt keine Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen dar Im Rahmen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II werden Bedarfe für Bildung bei Schülerinnen und Schülern einer allgemein- oder berufsbildenden Schule, sofern sie keine Ausbildungsvergütung erhalten, neben dem Regelbedarf gesondert berücksichtigt (§ 28 Abs. 1 SGB II). Als ein solcher Bedarf für Bildung werden nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 SGB II die tatsächlichen Aufwendungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen anerkannt. Die Aufwendungen sind vom Grundsicherungsträger danach nur dann zu übernehmen, wenn die Reise im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Baden-Württemberg stattfindet. Grundsätzlich kann nach dem baden-württembergischen Schulrecht zwar ein Schüleraustausch mit dem Ausland als "außerunterrichtliche Veranstaltung der Schule" und damit als Klassenfahrt durchgeführt werden. Die Entscheidung über die Durchführung des Schüleraustauschs obliegt jedoch der Entscheidung bestimmter Gremien. Insbesondere hat die Gesamtlehrerkonferenz mit Einverständnis der Schulkonferenz über die Grundsätze der Durchführung der Klassenfahrten zu beraten, wobei in der Klassenpflegschaft über die konkrete Planung beraten wird. Schließlich sind die außerunterrichtlichen Veranstaltungen vom Schulleiter zu genehmigen. Da im vorliegenden Fall die Gesamtlehrerkonferenz und Schulkonferenz nicht einmal mit der Durchführung des Schüleraustauschs überhaupt, also dem "Ob" der Chinareise befasst worden waren, konnte das Gericht nicht feststellen, dass es sich um eine Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen handelt. Der Antrag der Antragstellerin wurde daher abgelehnt.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Sozialgericht Stuttgart
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:20.09.2017
  • Aktenzeichen:S 12 AS 4934/17 ER

Sozialgericht Stuttgart/ra-online