Schimpanse "Robby" darf im Zirkus bleiben

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat den Bescheid des Landkreises Celle über die Abgabe des etwa 43-jährigen männlichen Schimpansen namens "Robby" an eine für die Resozialisierung von Schimpansen spezialisierte Haltungseinrichtung aufgehoben.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist Zirkusbetreiber und zugleich Eigentümer und Halter des Schimpansen "Robby". Der Schimpanse wurde in einem deutschen Zoo geboren, sehr früh von seinen Artgenossen getrennt und lebt spätestens seit seinem 5. Lebensjahr im Zirkusbetrieb des Klägers. Mit Bescheid vom 30. September 2015 gab der Landkreis dem Kläger auf, "Robby" in eine für die Resozialisierung von Schimpansen spezialisierte Haltungseinrichtung abzugeben und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an.
VG erklärt Bescheid des Landkreises für rechtmäßig Dagegen hatte der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt. Mit Beschluss vom 3. Dezember 2015 entschied das Verwaltungsgericht im Eilverfahren, dass "Robby" bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage in dem Zirkus bleiben darf. Zur weiteren Aufklärung holte das Verwaltungsgericht ein schriftliches Sachverständigengutachten ein und wies die Klage mit Urteil vom 27. April 2017 (Az.: 6 A 461/15) ab, weil der Bescheid des Landkreises Celle rechtmäßig sei.
Schimpanse könnte auch nach erfolgreicher Resozialisierung wahrscheinlich nicht artgerecht in Schimpansengruppe gehalten werden Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht änderte dieses Urteil im Berufungsverfahren und gab der Klage des Klägers gegen die Abgabeanordnung statt. Zwar gehe das Gericht wie das Verwaltungsgericht davon aus, dass "Robby" wegen der nicht artgerechten Einzelhaltung eine schwerwiegende Verhaltensstörung aufweist, weil ihm der soziale Kontakt zu anderen Schimpansen fehlt. Die Anordnung sei aber ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Der Beklagte habe bei der ihm zustehenden Ermessensentscheidung nicht alle betroffenen Belange berücksichtigt und wesentliche Gesichtspunkte falsch gewichtet. Dazu gehöre, dass "Robby" auch nach einer erfolgreichen Resozialisierung in einer spezialisierten Haltungseinrichtung dort sehr wahrscheinlich nur zu zweit oder zu dritt und jedenfalls nicht artgerecht in einer Schimpansengruppe gehalten werden könne. Zudem habe der Beklagte die mit der Abgabe an eine solche Einrichtung verbundenen Risiken nicht richtig und umfassend eingeschätzt. Die Resozialisierung in der Einrichtung könne sich über einen Zeitraum von bis zu dreieinhalb Jahren hinziehen. "Robby" sei aber bereits 43 Jahre alt. Nur wenige der in Zoos weltweit erfassten männlichen Schimpansen seien älter. Weiter sei nicht geklärt, ob "Robby" an einer verstärkt bei großen Menschenaffen auftretenden Herzerkrankung leide.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:08.11.2018
  • Aktenzeichen:11 LB 34/18

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online