Schadensersatzanspruch der Sozialversicherungsträger bei Arbeitsunfall wegen groben Verstoßes gegen Unfallverhütungsvorschriften

Erleidet ein Versicherter wegen eines groben Verstoßes gegen Unfallverhütungsvorschiften einen Arbeitsunfall, so steht den Sozialversicherungsträgern gemäß § 110 Abs. 1 SGB VII ein Schadensersatzanspruch zu. Die Warnung vor Gefahrenquellen ersetzt nicht die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall erlitt ein Leiharbeitnehmer im April 2011 einen schweren Arbeitsunfall. Der Leiharbeitnehmer war für eine Dachdeckerfirma tätig, die von der Mieterin einer Lagerhalle mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Lagerhalle beauftragt worden war. Zu dem Unfall kam es als der Leiharbeitnehmer aufgrund fehlender Sicherungsmaßnahmen auf ein Lichtband auf dem Dach trat, das Band daraufhin einbrach und der Leiharbeitnehmer 9,50 Meter tief auf den Betonboden der Lagerhalle stürzte. Warum der Leiharbeitnehmer auf das Lichtband trat, blieb ungeklärt. Eine Sozialversicherungsträgerin des Leiharbeiterunternehmens klagte aufgrund des Unfalls auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Dachdeckerfirma, deren Geschäftsführer und dem Vorarbeiter der Dachdeckerfirma. Das Landgericht Bielefeld gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten.

Anspruch auf Schadensersatz der Sozialversicherungsträgerin Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung der Beklagten zurück. Diese haften der Klägerin gemäß § 110 Abs. 1 SGB VII auf Erstattung der unfallbedingten Aufwendungen. Die Beklagten haben den Arbeitsunfall grob fahrlässig verursacht.

Grob fahrlässige Unfallverursachung wegen groben Verstoßes gegen Unfallverhütungsvorschriften Es liege nach Ansicht des Oberlandesgerichts ein grober Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften vor. Denn es seien Vorschriften verletzt worden, die Leben schützen sollten. Sicherungsmaßnahmen seien im Bereich der Lichtbänder gänzlich unterblieben. Soweit sich die Beklagten darauf beriefen, vor der Gefahr gewarnt zu haben, hielt das Oberlandesgericht dies für unbeachtlich. Die Warnung vor Gefahrenquellen ersetze nicht die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften. Zudem würde damit die Verantwortlichkeit für die Absicherung in unzulässiger Weise auf die Arbeiter verlagert. Schließlich beweise die Warnung, welch hohe Gefahr auch nach Einschätzung aller Beteiligten von den Lichtbändern ausging.

Kein Nachweis eines Mitverschuldens Ein Mitverschulden des Leiharbeitnehmers haben weder die Beklagten nachweisen können noch sei ein solches ersichtlich, so das Oberlandesgericht.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Hamm
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:02.09.2016
  • Aktenzeichen:9 U 75/15

Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)