Vollständige Ausgabe eines geerbten Vermögens innerhalb kurzer Zeit stellt sozialwidriges Verhalten dar

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass die vollständige Ausgabe eines geerbten Vermögens in Höhe von rund 200.000 Euro innerhalb kurzer Zeit ein grob fahrlässiges und sozialwidriges Verhalten darstellt. Ein Hartz IV-Empfänger, der im Anschluss an die Verschwendung seines Erbes erneut Grundsicherungsleistungen bezieht, darf diese Leistungen daher nicht behalten.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein 51-jähriger Hartz IV-Empfänger aus Emden geklagt, der nach dem Tod seines Onkels im Jahre 2011 zunächst von dessen Erbe lebte. Als der Mann ab 2013 erneut Grundsicherungsleistungen bezog, nahm das Jobcenter eine Rückforderung vor. Er habe das geerbte Vermögen in kurzer Zeit verschwendet und hierdurch seine Hilfebedürftigkeit herbeigeführt. Demgegenüber rechtfertigte sich der Mann mit einer vermeintlichen Alkoholerkrankung. Er habe den überwiegenden Teil des Tages in Gaststätten verbracht.
Verhalten des Hilfeempfängers läuft Grundsatz der Eigenverantwortung zuwider Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bestätigte die Rechtsauffassung des Jobcenters. Der Kläger habe geerbtes Immobilienvermögen von 120.000 Euro sowie Geld- und Wertpapiervermögen von 80.000 Euro innerhalb von zwei Jahren verschwendet und sei nun völlig mittellos. Seine Bank habe das überzogene Girokonto gekündigt, ihm drohe eine Stromsperre und er sei auf Lebensmittelgutscheine angewiesen. Freimütig habe er eingeräumt, das Erbe "ausgegeben und vertrunken" zu haben. Allein 60.000 Euro habe er verschenkt um zu gefallen. Ein solches Ausgabeverhalten sei nach Überzeugung des Gerichts grob fahrlässig und in hohem Maße zu missbilligen. Es laufe dem Grundsatz der Eigenverantwortung zuwider. Da der Kläger eine Erwerbstätigkeit nicht beabsichtigte, hätte ihm klar sein müssen, dass er mit seinem sozialwidrigen Verhalten in kurzer Zeit wieder auf staatliche Leistungen angewiesen sein würde. Ein statistisch durchschnittlicher, nichterwerbstätiger Mann hätte bei ganz normalen Ausgaben sieben Jahre und sieben Monate von dem Vermögen leben können. Die behauptete Alkoholerkrankung habe nach Überzeugung des Gerichts und der beteiligten Ärzte keineswegs zum Kontrollverlust geführt, da der Kläger auch sehr vernünftige Entscheidungen getroffen habe wie Schuldentilgung und den Kauf einer Eigentumswohnung.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:12.12.2018
  • Aktenzeichen:L 13 AS 111/17

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online