Anspruch auf Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen besteht auch für Personen in betreuten Wohneinrichtungen und Alten- oder Behindertenwohnheimen

Das Sozialgericht Karlsruhe hat entschieden, dass eine Bezuschussung von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen in Mietwohnungen auch dann nicht ausgeschlossen ist, wenn es sich um betreute Wohneinrichtungen, bzw. Wohnungen in Alten- oder Behindertenwohnheimen handelt, in denen der Betroffene ein Mindestmaß an Selbständigkeit genießt und die keine Pflegeheime i.S.d. SGB XI sind, soweit die Bereitstellung der Wohnung in diesen Wohneinrichtungen nicht zur sozialrechtlichen Leistungserbringung gehört.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie bewohnt eine Mietwohnung in einer Seniorenwohnanlage, welche von der AWO betrieben wird. Neben dem monatlichen Mietzins hat sie eine Betreuungspauschale in Höhe von etwa 120 Euro zu bezahlen. Nach dem Betreuungsvertrag stellt die AWO hierfür als Gegenleistung gewisse soziale Dienste und Hilfen bei der Organisation von pflegerischen Hilfen zur Verfügung. Nur gegen Zusatzleistungen besteht auch die Möglichkeit (unter anderem) grundpflegerische Hilfen in Anspruch zu nehmen.
Beklagte verweigert Zuschuss für Einbau einer Dusche Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Gewährung eines Zuschusses für den Einbau einer Dusche. Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, dass ein Zuschuss dem Grunde nach nicht zu gewähren wäre, da die Klägerin nach ihrem Mietvertrag eine Betreuungspauschale an die AWO bezahle und es sich bei gewerbsmäßig an Pflegebedürftige vermietetem Wohnraum nicht um eine Wohnung/Haushalt im Sinne des § 40 SGB XI handele.
Begriff des "individuellen Wohnumfeldes" des Pflegebedürftigen umfasst jedes Wohnen in privatem häuslichem Bereich Die hiergegen gerichtete Klage war vor dem Sozialgericht Karlsruhe erfolgreich. Als Maßnahmen des individuellen Wohnumfeldes können sowohl Maßnahmen an gemietetem Wohnraum oder am Eigentum des Pflegebedürftigen bezuschusst werden. Das individuelle Wohnumfeld ist betroffen, wenn es sich um eine Maßnahme in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder zumindest in dem Haushalt, in den er aufgenommen ist und in dem er gepflegt werden soll, handelt. Der Begriff des "individuellen Wohnumfeldes" des Pflegebedürftigen ist nicht auf die vorhandene Wohnung (Mietwohnung, Eigentumswohnung oder Eigenheim) begrenzt, sondern umfasst in Abgrenzung zum dauerhaften Aufenthalt in einer stationären Einrichtung - jedes Wohnen in einem privaten häuslichen Bereich (BSG, Urteil vom 26. April 2001, B 3 P 24/00 R). Insbesondere auch Maßnahmen in betreuten Wohneinrichtungen, Alten- oder Behindertenwohnheimen, in denen der Betroffene ein Mindestmaß an Selbständigkeit genießt und die keine Pflegeheime i.S.d. SGB XI sind, werden nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI bezuschusst, soweit die Bereitstellung der Wohnung in diesen Wohneinrichtungen nicht zur sozialrechtlichen Leistungserbringung gehört.
Wohnform der Klägerin ist nicht als dauerhafter Aufenthalt in stationärer Einrichtung einzustufen Dass es sich im Streitfall um eine Wohnung in einer Seniorenwohnanlage handelt, in der die AWO gewisse Betreuungsleistungen anbietet, schließt den Anspruch nicht aus. Die angebotenen Betreuungsleistungen der AWO machen die Wohnanlage nicht zu einem Pflegeheim. Insbesondere pflegerische Hilfen sind nach dem vorliegenden Betreuungsvertrag nicht zu erbringen. Bei der von der Klägerin in Anspruch genommenen Wohnform handelt es sich daher nicht um den dauerhaften Aufenthalt in einer stationären Einrichtung; vielmehr steht die selbstbestimmte und aktive Lebensgestaltung in der selbst genutzten Mietwohnung im Vordergrund. Die begehrte Maßnahme betrifft daher das individuelle Wohnumfeld der Klägerin.

    Angaben zum Gericht:

    • Gericht:Sozialgericht Karlsruhe
    • Entscheidungsart:Urteil
    • Datum:28.11.2018
    • Aktenzeichen:S 14 P 2053/18

    Sozialgericht Karlsruhe/ra-online