Keine grobe Fahrlässigkeit: Freiwillige Feuerwehr haftet nicht für Schäden an geparkten Fahrzeugen bei Löscheinsatz

Das Landgericht Koblenz hat entschieden, dass die Verbandsgemeinde als Träger der Freiwilligen Feuerwehr nicht auf Schadensersatz für Schäden am Auto eines Nachbarn haftet, die bei Löscharbeiten an einem brennenden Wohnhaus entstanden sind.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Auf dem unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstück des Anwesens der Klägerin entstand ein Wohnhausbrand mit starker Rauchentwicklung. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin ihr Fahrzeug auf ihrem Grundstück abgestellt. Die herbei gerufene Freiwillige Feuerwehr der Verbandsgemeinde verlegte gleichzeitig zu der Erkundung der Brandstelle vorsorglich einen 10 cm dicken Wasserschlauch von einem Einsatzfahrzeug an dem Pkw der Klägerin vorbei zum Brandherd. Nach Abschluss der Erkundungsarbeiten und nach einem vergeblichen Kontaktversuch mit der Klägerin deckte ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr den Pkw mit einer Schutzdecke ab, im Übrigen wurde mit den Löscharbeiten begonnen. Durch die Einwirkung des kalten Wassers auf die heißen Dachziegeln sind diese geplatzt, wobei Splitter auf den Pkw der Klägerin fielen und diesen beschädigten. Die Klägerin begehrt nun von der Verbandsgemeinde als Trägerin der Freiwilligen Feuerwehr Schadensersatz mit der Begründung, die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr hätten der Klägerin vor Durchführung der Löscharbeiten das Entfernen ihres Pkw ermöglichen müssen. Im Übrigen sei die Sicherung mit der Schutzdecke völlig unzureichend erfolgt.
Haftung wegen Vorsatzes scheidet von vornherein aus Das Landgericht Koblenz wies die Klage ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass bei der Beurteilung der Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs nach § 839 Absatz 1 BGB gegen die Beklagte als Trägerin der Freiwilligen Feuerwehr dieser in analoger Anwendung das Haftungsprivileg des § 680 BGB zugute komme. Deshalb komme eine Haftung nur dann in Betracht, wenn den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr der Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit bei der Brandbekämpfung gemacht werden könnte. Eine Haftung wegen Vorsatzes scheidet nach dem festgestellten Sachverhalt von vornherein aus.
Gericht verneint grobe Fahrlässigkeit beim Vorgehen der Freiwilligen Feuerwehr Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ist nach den Ausführungen des Gerichts nur dann begründet, wenn eine besonders schwere Pflichtverletzung vorliegt und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt worden ist. Hierbei sei zu beachten, dass die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr ehrenamtlich tätige Gemeindebürger sind und die sich aus dem Dienst erwachsenen Amtspflichten nicht überspannt werden dürfen. Insoweit sei nicht zu beanstanden, dass die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr zunächst ihr Hauptaugenmerk auf das schützenswertere Rechtsgut, nämlich das brennende Wohnhaus gerichtet haben und nicht primär auf den Schutz des Pkws der Klägerin. Selbst ein Zeitverzug von zwei bis drei Minuten, um ein Herausfahren des Pkws zu ermöglichen, habe nach Einschätzung des Gerichts von den eingesetzten Feuerwehrleuten nicht hingenommen werden müssen. Auch wurde nach den Feststellungen des Gerichts durch Verwendung der Schutzdecke zumindest versucht, den Pkw der Klägerin vor Schäden zu bewahren. Jedenfalls nicht im Sinne einer groben Fahrlässigkeit vorwerfbar sei, dass rückblickend diese Form der Sicherung sich als nicht ausreichend dargestellt hat. Maßgeblich ist nämlich vielmehr nach den weiteren Ausführungen des Gerichts die Beurteilung der Sachlage zum Zeitpunkt der vorzunehmenden Handlung auch unter Berücksichtigung der notwendigerweise von den beteiligten Feuerwehrleuten unter Zeitdruck schnell zu treffenden Entscheidungen. Insgesamt hat das Gericht deshalb eine grobe Fahrlässigkeit verneint und einen Anspruch auf Schadensersatz der Klägerin jedenfalls gegen die Verbandsgemeinde als Trägerin der Freiwilligen Feuerwehr verneint.


Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):§ 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung (1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen.
§ 680 Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Landgericht Koblenz
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:18.10.2018
  • Aktenzeichen:1 O 45/18

Landgericht Koblenz/ra-online