Solvenz des Unfallgeschädigten spricht gegen Unfallmanipulation

Ist die wirtschaftliche und finanzielle Situation eines Unfallgeschädigten ausgezeichnet, so spricht dies gegen eine Unfallmanipulation. In diesem Fall besteht kein Motiv für die Einwilligung in die Beschädigung. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einer Nacht im Oktober 2012 hatte der Fahrer eines angemieteten Sprinters vier in einer Reihe geparkte Fahrzeuge bei der Vorbeifahrt gestreift und somit beschädigt. Nachfolgend wurde klar, dass die Eigentümer der letzten drei in der Reihe stehenden Fahrzeuge in die Beschädigung eingewilligt hatten. So wurden die letzten beiden Fahrzeuge laut einem Sachverständigengutachten nicht bei einer Vorbeifahrt, sondern bei einer Rückwärtsfahrt des Sprinters beschädigt. Zudem hatte der Eigentümer des an zweiter Stelle stehenden Fahrzeugs die Unfallmanipulation zugegeben. Auch der Fahrer des Sprinters machte sich auffällig, weil er zum einen eine Selbstbeteiligung ausgeschlossen und zum anderen widersprüchliche Angaben zum Unfallhergang gemacht hatte. Die Haftpflichtversicherung über den Sprinter warf nunmehr auch den Eigentümer des ersten Fahrzeugs in der Reihe, einem Porsche, sich an die Unfallmanipulation beteiligt zu haben. Dies stritt dieser ab und erhob Klage auf Schadensersatz gegen Fahrer des Sprinters und der Haftpflichtversicherung.

Landgericht gibt Schadensersatzklage statt Das Landgericht Essen gab der Schadensersatzklage statt. Seiner Auffassung nach habe die beklagte Versicherung den Nachweis einer Unfallmanipulation durch den Kläger nicht führen können. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Beklagten.

Oberlandesgericht bejaht ebenfalls Schadensersatzanspruch Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung der Beklagten zurück. Das Gericht war nicht davon überzeugt, dass der Kläger in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt und sich somit an der Unfallmanipulation beteiligt hatte. Es wertete die Beschädigung des Porsches als Kollateralschaden.

Keine Unfallmanipulation durch Kläger Gegen eine Unfallmanipulation des Klägers spreche nach Ansicht des Oberlandesgerichts seine ausgezeichnete wirtschaftliche und finanzielle Situation. Es sei kein Grund ersichtlich, dass er sich auf betrügerische Art und Weise sanieren wollte. Auch habe er einen plausiblen Grund für das Parken seines Fahrzeugs am Unfallort genannt. So wollte er seine verheiratete Geliebte besuchen. Die Benennung als Zeugin verweigerte er aber aus Rücksicht auf die persönliche Situation seiner Geliebten. Dies sei aus Sicht des Gerichts verständlich. Zudem hätte es nahegelegen, sich auf eine Person zu beziehen, die nicht anonym bleiben wolle, wenn der Kläger sich eine abgesicherte Legende zurechtlegen wollte. Weiterhin sei das Fahrzeug untypisch für eine Unfallmanipulation. Es wurde erstmals im Januar 2008 zugelassen, war unfallfrei und gut gepflegt, hatte einen Kilometerstand von 46.000 km und einen Wiederbeschaffungswert von über 80.000 Euro. Schließlich habe der Kläger gänzlich untypisch bei Unfallmanipulationen die Reparatur des Porsches sowie den gesamten Prozess eigenfinanziert. Es sind ihm Prozesskosten von ca. 28.000 Euro entstanden.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Hamm
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:01.08.2017
  • Aktenzeichen:9 U 59/16

Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)