Deutsche Regelung über Verwendung nicht genehmigter Pressesnippets durch Google nicht anwendbar

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass die deutsche Regelung, die es Suchmaschinen untersagt, Pressesnippets ohne Genehmigung des Verlegers zu verwenden, mangels vorheriger Übermittlung an die Kommission nicht anwendbar ist. Es handelt sich um eine Vorschrift betreffend einen Dienst der Informationsgesellschaft und somit um eine "technische Vorschrift", deren Entwurf der Kommission zu notifizieren ist.

Im zugrunde liegenden Verfahren erhob die VG Media, eine deutsche Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte, vor dem Landgericht Berlin Schadensersatzklage gegen Google, weil dieses Unternehmen die dem Urheberrecht verwandten Schutzrechte mehrerer ihrer Mitglieder, die Presseverleger sind, verletzt habe. VG Media bringt vor, das Unternehmen Google habe seit dem 1. August 2013 in seiner Suchmaschine und auf seiner automatisierten Nachrichtenseite "Google News" Pressesnippets (kurze Ausschnitte oder Zusammenfassungen von Pressetexten, ggfs. mit Bildern) ihrer Mitglieder verwendet, ohne hierfür ein Entgelt zu entrichten.
LG äußert Zweifel an Zulässigkeit des Berufens auf deutsche Regelung Das Landgericht Berlin hat Zweifel, ob sich VG Media gegenüber Google auf die einschlägige deutsche Regelung berufen kann, die am 1. August 2013* in Kraft getreten ist und Presseverleger schützen soll. Diese Regelung verbietet es ausschließlich gewerblichen Betreibern von Suchmaschinen (und gewerblichen Anbietern von Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten), Presseerzeugnisse oder Teile hiervon (ausgenommen einzelne Wörter und kleinste Textausschnitte) öffentlich zugänglich zu machen. Das Landgericht Berlin möchte wissen, ob diese Regelung eine "technische Vorschrift" im Sinne der Richtlinie 98/34 über Normen und technische Vorschriften** darstellt, die als solche der Kommission hätte übermittelt werden müssen, um dem Einzelnen entgegen gehalten werden zu können.
Entwurf einer technischen Vorschrift muss vorab Kommission übermittelt werden Mit seinem bejahte dies der Gerichtshof der Europäischen Union. Eine Regelung wie die in Rede stehende stellt eine Vorschrift betreffend Dienste der Informationsgesellschaft und somit eine "technische Vorschrift" dar. Sie zielt nämlich speziell auf die betreffenden Dienste ab, da sie offenbar die Presseverleger gegen Verletzungen des Urheberrechts durch Online-Suchmaschinen schützen soll. In diesem Rahmen scheint ein Schutz nur gegen systematische Verletzungen der Werke der Online-Verleger, die von Anbietern von Diensten der Informationsgesellschaft begangen wurden, für erforderlich erachtet worden zu sein. Soweit eine solche Regelung speziell auf die Dienstleistungen der Informationsgesellschaft abzielt, ist der Entwurf einer technischen Vorschrift der Kommission vorab zu übermitteln. Ist dies nicht geschehen, kann ein Einzelner deren Unanwendbarkeit geltend machen.


* § 87g Abs. 4 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG).

** Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. 1998, L 204, S. 37) in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. 1998, L 217, S. 18) geänderten Fassung. Diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. 2015, L 241, S. 1) aufgehoben, die am 7. Oktober 2015, d.h. nach dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Sachverhalt, in Kraft getreten ist.

    Angaben zum Gericht:

    • Gericht:Gerichtshof der Europäischen Union
    • Entscheidungsart:Urteil
    • Datum:12.09.2019
    • Aktenzeichen:C-299/17

    Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online (pm/kg)