Erlaubnis von Foto- und Filmaufnahmen im Gerichtssaal darf nicht von Stellungnahme der Verfahrensbeteiligten abhängig gemacht werden

Der Vorsitzende Richter darf die Erlaubnis von Foto- und Filmaufnahmen im Gerichtssaal nicht von der Stellungnahme der Verfahrensbeteiligten abhängig machen. Richter, Schöffen, Staatsanwaltschaft und Verteidiger müssen Aufnahmen grundsätzlich hinnehmen. Das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten kann durch eine Anonymisierung geschützt werden. Dies hat das Oberlandesgericht Hamburg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Vorsitzende Richter einer Strafkammer des Landgerichts lehnte im Juni 2018 Foto- und Filmaufnahmen vor Beginn des ersten Verhandlungstages ab. Zwei Männer wurden angeklagt, eine schwere räuberische Erpressung begangen zu haben. Der Vorsitzende Richter begründete sein Verbot damit, dass es sich nur um einen kurzen Termin handele und er nicht die Zeit habe, die Stellungnahme aller Verfahrensbeteiligten zu den beabsichtigten Foto- und Filmaufnahmen einholen zu können. Ein Journalist hielt das Verbot für unzulässig und legte daher gegen das Verbot Beschwerde ein.

Unverhältnismäßiges Verbot der Foto- und Filmaufnahmen Das Oberlandesgericht Hamburg entschied zu Gunsten des Journalisten. Das Verbot der Foto- und Filmaufnahmen habe in unverhältnismäßiger Weise in die Rundfunkfreiheit eingegriffen. Es habe nicht der Stellungnahme sämtlicher Verfahrensbeteiligter zu den geplanten Aufnahmen bedurft. Die Richter, Schöffen, Staatsanwaltschaft und Verteidiger habe eine Prozessberichterstattung mit Foto- und Filmaufnahmen ihrer Person grundsätzlich hinzunehmen. Eine Ausnahme bestehe bei einer Gefährdungslage. Das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten könne wiederum mittels einer Anonymisierung gewährleistet werden. Die Anordnung einer Anonymisierung habe daher ein milderes Mittel als ein generelles Verbot der Bildaufnahmen dargestellt.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Hamburg
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:12.09.2018
  • Aktenzeichen:1 Ws 71/18

Oberlandesgericht Hamburg, ra-online (vt/rb)