Asylibewerbeleistungen ohne Einschränkungen

Die Gewährung internationalen Schutzes durch Griechenland rechtfertigt keine Einschränkung der in Deutschland zu beanspruchenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), das entschied das Landessozialgericht in Essen mit Beschluss.

Die irakischen Antragsteller reisten zunächst nach Griechenland ein, wo ihnen internationaler Schutz gewährt wurde. 2019 reisten sie nach Deutschland ein. Ihren Asylantrag lehnte das BAMF ab. Das Land NRW reduzierte daraufhin die Leistungen nach dem AsylbLG auf Unterkunft und Verpflegung sowie einen Geldleistungsanspruch von 24,00 Euro monatlich. Der hiergegen gerichtete Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vor dem SG Detmold hatte Erfolg.

Vorenthalten von Leistungen verfassungsrechtlich ausgeschlossen
Das LSG hat die Beschwerde des Antragsgegners nun zurückgewiesen. § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG setze als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal voraus, dass den Betroffenen eine Rückkehr in das schutzgewährende Land rechtlich wie tatsächlich möglich und zumutbar sei. Das lasse sich für die Antragsteller bei summarischer Prüfung nicht feststellen. Das Vorenthalten von Leistungen für den soziokulturellen Anteil des Existenzminimums sei verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Eine ausnahmsweise Rechtfertigung ergebe sich nicht daraus, dass mit der Leistungseinschränkung ein asylrechtlich ungewolltes Verhalten- hier das Suchen um Asyl in Deutschland bei schon bestehender Schutzgewährung durch Griechenland- sanktioniert werde. Denn dies sei allein eine migrationspolitisch veranlasste Sanktion.

Einschränkung Bedarfsdeckung nicht durch Ausreisemöglichkeit gerechtfertigt
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums sei jedoch migrationspolitisch gerade zu relativieren. Jedenfalls solange - wie bei den Antragstellern durch Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsandrohung - ein Aufenthalt in Deutschland ausländerrechtlich hingenommen werde, sei eine Einschränkung der existenziellen Bedarfsdeckung nicht durch das Bestehen einer Ausreisemöglichkeit gerechtfertigt. Ohnehin müsse im laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch geklärt werden, ob nach Griechenland zurückkehrenden Schutzberechtigten keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung auf Grund der staatlich zu verantwortenden Lebensverhältnisse drohe, worauf neuere Erkenntnisse hindeuten.

    Angaben zum Gericht:

    • Gericht:Landessozialgericht Essen
    • Entscheidungsart:Beschluss
    • Datum:27.03.2020
    • Aktenzeichen:L 20 AY 20/20 B ER

    Landessozialgericht Essen, ra-online (pm/ku)