Für Kraftfahrer geltender Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille nicht ohne Weiteres auf Pedelec-Fahrer übertragbar

Der für Kraftfahrer geltende Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille ist nicht ohne Weiteres auf Pedelec-Fahrer übertragbar. Für die Beurteilung der absoluten Fahruntüchtigkeit kommt es nicht darauf an, ob Pedelecs als Kraftfahrzeuge einzustufen sind. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Abend im Mai 2018 stieß ein Pedelec-Fahrer mit einer auf seinen Fahrweg einbiegenden Radfahrerin zusammen. Es stellte sich heraus, dass der Pedelec-Fahrer eine Blutalkoholkonzentration von 1,59 Promille aufwies. Er wurde deshalb wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr angeklagt. Das Amtsgericht Staufen und das Landgericht Freiburg sprachen ihn aber frei. Sie meinten, dass Pedelecs keine Kraftfahrzeuge seien und dass daher für die Beurteilung der absoluten Fahruntüchtigkeit nicht auf den für Kraftfahrer geltenden Grenzwert von 1,1 Promille abzustellen sei, sondern der für Fahrradfahrer geltenden Grenzwert von 1,6 Promille gelte. Dagegen richtete sich die Revision der Staatanwaltschaft.

Absolute Fahruntüchtigkeit von Pedelec-Fahrern unter 1,6 Promille muss untersucht werden Das Oberlandesgericht Karlsruhe führte zum Fall zunächst aus, dass es für die Beurteilung der absoluten Fahruntüchtigkeit von Pedelec-Fahrern nicht darauf ankomme, ob Pedelecs als Kraftfahrzeuge einzustufen seien. Pedelecs stehen zwischen Fahrrädern und Mofas. Angesichts dessen verbiete es sich, den für Kraftfahrer geltenden Grenzwert von 1,1 Promille ohne Weiteres auf Pedelec-Fahrer zu übertragen. Es komme darauf an, ob es gesichertes naturwissenschaftliches-medizinisches Erfahrungswissen gebe, dass Pedelec-Fahrer bereits unterhalb der für Radfahrer geltenden Grenzwerts von 1,6 Promille im Blut absolut fahruntüchtig seien. Solche Untersuchungen liegen derzeit aber nicht vor.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Karlsruhe
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:14.07.2020
  • Aktenzeichen:2 Rv 35 Ss 175/20

Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)