Bauaufsichtliche Anordnung zur Entfernung eine brennbaren Fassade richtet sich an Wohnungseigentümergemeinschaft

Eine bauaufsichtliche Verfügung gerichtet auf Entfernung der brennbaren Fassade betrifft das Gemeinschaftseigentum und muss sich daher an die Wohnungseigentümergemeinschaft richten. Die einzelnen Wohnungseigentümer können die Befolgung der Verfügung nicht verhindern. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli 2019 wurde einer Wohnungseigentümergemeinschaft aufgegeben bis Sommer 2021 die brennbare Fassadenkleidung des 12-geschossigen Hochhauses zu entfernen. Das Hochhaus wurde in den 1970er Jahren errichtet und befand sich in Hannover. Da der Verfügung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen wurde, setzte die Behörde im Mai 2022 ein Zwangsgeld in Höhe von 100.000 € fest und drohte ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 200.000 € an. Dagegen richtete sich der Antrag auf Eilrechtsschutz der Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese meinte, es sei eine Duldungsverfügung gegen die einzelnen Wohnungseigentümern erforderlich. Zudem habe bis dato kein Beschluss über die brandschutzrechtliche Sanierung gefasst werden können. Das Verwaltungsgericht Hannover wies den Eilantrag ab. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Keine Duldungsverfügung gegen Wohnungseigentümer erforderlich Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Eine Duldungsverfügung gegen die einzelnen Wohnungseigentümer sei nicht erforderlich gewesen. Verstößt eine in Wohnungseigentum aufgeteilte bauliche Anlage hinsichtlich der in gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteilen, wie etwa der Fassade, gegen öffentliches Baurecht, sei richtiger Adressat der bauaufsichtlichen Verfügung die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese übe die sich aus dem Gemeinschaftseigentum ergebenden Rechte aus und nehme die entsprechende Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Die einzelnen Wohnungseigentümer seien insoweit von der Verwaltung ausgeschlossen. Sie können die Gemeinschaft an der Befolgung einer wirksamen und vollziehbaren bauaufsichtlichen Verfügung nicht hindern.

Fehlende oder gegenläufige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer unbeachtlich Aufgrund der wirksamen und vollziehbaren bauaufsichtlichen Anordnung stehe für die Wohnungseigentümergemeinschaft verbindlich und ohne Rücksicht auf eine fehlende oder gegenläufige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer fest, so das Oberverwaltungsgericht, dass ein Handeln geboten ist. Der einzelne Wohnungseigentümer könne die Gemeinschaft nicht unter Berufung auf zivilrechtliche Bestimmungen zur Willensbildung im Innenverhältnis hindern, ihrer öffentlichen Handlungspflicht nachzukommen.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberverwaltungsgericht Lüneburg
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:16.11.2022
  • Aktenzeichen:1 ME 106/22

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, ra-online (vt/rb)