Stillschweigende Haftungsbeschränkung bei Motorradfahren im Pulk

Fahren mehrere Motorradfahrer einvernehmlich in wechselnder Reihenfolge als Gruppe ohne Einhaltung eines Sicherheitsabstands, begründet dies eine stillschweigende Haftungsbeschränkung. Kommt es zu einer Kollision zwischen den Motorradfahrern besteht nur dann ein Schadensersatzanspruch, wenn dem Unfallverursacher eine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2011 befuhr eine Gruppe von vier Motorradfahrern eine Landstraße. Alle Motorradfahrer waren dicht beieinander und wechselten sich in der Reihenfolge ab. In einer Kurve kollidierte der erste Motorradfahrer mit einem entgegenkommenden Pkw. Der zweite Motorradfahrer musste daraufhin abbremsen, dadurch fuhr der dritte Motorradfahrer hinten auf. Der zweite Motorradfahrer stürzte und verletze sich dabei. Er klagte anschließend mit der Begründung, er habe nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand eingehalten, gegen den dritten Motorradfahrer auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das Landgericht Darmstadt wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Kein Anspruch auf Schadensersatz Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung des Klägers zurück. Ihm habe kein Anspruch auf Schadensersatz zugestanden. Denn die Haftung des Beklagten sei wegen eines stillschweigend vereinbarten Haftungsverzichts für Gefährdungshaftung und leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen gewesen.

Motorradfahren im Pulk begründet stillschweigende Haftungsbeschränkung Die Haftungsbeschränkung sei anzunehmen gewesen, so das Oberlandesgericht, da die Motorradfahrer in einer Gruppe gefahren sind, dabei einvernehmlich den erforderlichen Sicherheitsabstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten und je nach Verkehrslage die Reihenfolge geändert haben. Alle Beteiligten der Gruppe sind daher einvernehmlich ein besonderes Risiko eingegangen, um das entsprechende Gruppengefühl zu erreichen. Jedem in der Gruppe hätte die gleiche Situation passieren können wie dem Kläger. Alle haben sie billigend in Kauf genommen, dass entweder sie selbst oder der hinter ihnen fahrende Fahrer bei einer Unfallsituation oder sonstigen Störung nicht ausreichend habe bremsen und es somit zu Schädigungen der anderen Gruppenteilnehmer habe kommen können.

Haftung bei grober Fahrlässigkeit Der Beklagte habe daher nach Ansicht des Oberlandesgerichts nur unter der Voraussetzung einer groben Fahrlässigkeit gehaftet. Da eine solche zu verneinen gewesen sei, habe kein Schadensersatzanspruch bestanden.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Frankfurt am Main
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:18.08.2015
  • Aktenzeichen:22 U 39/14

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)