BGH: Grundstückseigentümer steht bei unterirdischem Zufluss von Niederschlagswasser infolge baulicher Anlagen auf dem Nachbargrundstück Unterlassungsanspruch zu

Kommt es aufgrund baulicher Anlagen auf dem Nachbargrundstück zu einem unterirdischen Zufluss von Niederschlagswasser, so steht dem davon betroffenen Grundstückseigentümer gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 37 Abs. 1 des Landesnachbarrechtsgesetzes Rheinland-Pfalz (LNRG) ein Unterlassungsanspruch zu, wenn es aufgrund des Sickerwassers zu einer Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit seines Grundstücks kommt. Der Unterlassungsanspruch erfordert keinen oberirdischen Zufluss des Niederschlagswassers. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Grundstückseigentümer war von einem unterirdischen Zufluss von Niederschlagswasser betroffen. Dieses kam vom benachbarten Grundstück und hatte seine Ursache in den baulichen Anlagen auf dem Nachbargrundstück. Durch das Sickerwasser erhöhte sich der Grundwasserspiegel, wodurch die gärtnerische bzw. landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt wurde. Der Grundstückseigentümer klagte daher im Jahr 2008 auf Unterlassung.

Landgericht gab Unterlassungsklage statt Das Landgericht Kaiserslautern gab der Unterlassungsklage statt und verurteilte den beklagten Eigentümer des Nachbargrundstücks dazu, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, durch die verhindert wird, dass Sickerwasser in das angrenzende Grundstück des Klägers einsickert, dort den Grundwasserstand erhöht und zu Schäden sowie einer eingeschränkten Nutzbarkeit des Gartens führt. Die Berufung des Beklagten vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken blieb erfolglos, so dass der Beklagte Revision einlegte.

Bundesgerichtshof bejaht ebenfalls Unterlassungsanspruch Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision des Beklagten zurück. Dem Kläger habe nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 37 Abs. 1 LNRG ein Unterlassungsanspruch zugestanden. Nach § 37 Abs. 1 LNRG müsse der Grundstückseigentümer bauliche Anlagen so einrichten, dass Niederschlagswasser nicht auf das Nachbargrundstück übertritt. So habe der Fall hier aber gelegen.

Übertritt von Niederschlagswasser auf Nachbargrundstück durch unterirdischen Zufluss Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sei Niederschlagswasser auf das Grundstück des Klägers übergetreten. Zwar werde überwiegend vertreten, dass ein Übertreten nur vorliegt, wenn es um einen oberirdischen Zufluss handele (vgl. etwa OLG Köln, Urt. v. 14.05.2010 - 19 U 120/09 -). Dieser Ansicht sei aber im Hinblick auf den Schutzzweck des § 37 Abs. 1 LNRG nicht zu folgen. Wenn ein Eigentümer auf seinem Grundstück bauliche Anlagen errichtet, die ursächlich dafür sind, dass dem Nachbargrundstück vermehrt Niederschlagswasser zugeführt wird, greife er in den natürlichen Ablauf des Wassers ein. Davor solle die Vorschrift den Nachbarn schützen. Dabei spiele es keine Rolle, ob das Niederschlagswasser aufgrund der baulichen Anlagen oberirdisch oder als Sickerwasser unterirdisch auf das Nachbargrundstück übertritt. In beiden Fällen sei der Eigentümer schutzwürdig.

Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks erforderlich § 37 Abs. 1 LNRG bedürfe aber insoweit einer Einschränkung, so der Bundesgerichtshof, als nicht jeder vermehrte Zufluss relevant sei. Er müsse vielmehr zu einer Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks führen. So habe der Fall hier gelegen.

  • Vorinstanz:
    • Landgericht KaiserslauternUrteil[Aktenzeichen: 3 O 62/08]
    • Oberlandesgericht ZweibrückenUrteil[Aktenzeichen: 6 U 64/12]

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesgerichtshof
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:12.06.2015
  • Aktenzeichen:V ZR 168/14

Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)