BGH: Blockade von Beschlussfassungen oder Fassung von gegen ordnungsgemäße Verwaltung widersprechenden Beschlüssen rechtfertigt kein Stimmrechtsentzug

Verhindert ein Wohnungseigentümer aufgrund seiner Stimmenmehrheit die Fassung von Beschlüssen, die einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen, oder fasst er Beschlüsse, die einer ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechen, so rechtfertigt dies nicht den Entzug des Stimmrechts wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Die unterlegenen Wohnungseigentümer sind in diesem Fall auf den Klageweg zu verweisen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall machte ein Wohnungseigentümer Einwendungen gegen die Jahresabrechnung und die Verwalterbestellung geltend. Da er die Mehrheit der Stimmen besaß, blockierte er die Fassung von Beschlüssen diesbezüglich. Die unterlegenen Wohnungseigentümer entzogen ihm daraufhin im November 2015 in einer Eigentümerversammlung das Stimmrecht und fassten die Beschlüsse zur Jahresabrechnung und zur Verwalterbestellung. Der Mehrheitseigentümer erhob daraufhin Beschlussmängelklage.

Amtsgericht und Landgericht wiesen Beschlussmängelklage ab Sowohl das Amtsgericht Goslar als auch das Landgericht Braunschweig wiesen die Beschlussmängelklage ab. Da der Stimmrechtsentzug wirksam sei, seien die gefassten Beschlüsse nicht mangelhaft. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision des Klägers.

Bundesgerichtshof verneint wirksamen Stimmrechtsentzug Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Die gefassten Beschlüsse zur Jahresabrechnung und zur Verwalterbestellung seien formell mangelhaft, da der Stimmrechtsentzug unzulässig gewesen sei. Da ein Stimmrechtsentzug gemäß § 25 Abs. 5 des Wohneigentumsgesetzes (WEG) von vornherein ausscheide, habe er allenfalls auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Mehrheitseigentümers gestützt werden können.

Kein Stimmrechtsentzug wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens Ein Stimmrechtsentzug wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens komme nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen in Betracht, so der Bundesgerichtshof. Denn die Vorschrift des § 25 Abs. 5 WEG dürfe nicht einfach übergangen werden. Es reiche demnach nicht aus, dass ein Mehrheitseigentümer Beschlüsse fasst, die einer ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechen, oder dass er Beschlüsse blockiert, die einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. Die unterlegenen Wohnungseigentümer müssen in einem solchen Fall eine Beschlussmängelklage bzw. -ersetzungsklage erheben. Durch den Klageweg sei ein ausreichender Minderheitenschutz gegeben. Zudem können Schadensersatzansprüche gegen den Mehrheitseigentümer bestehen.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesgerichtshof
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:14.07.2017
  • Aktenzeichen:V ZR 290/16

Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)