Gemeinschaftliche testamentarische Anordnung der Ehegatten zum Pflichtteils- bzw. Erbteilsverzicht der Kinder spricht für wechselbezügliche Schlusserbeneinsetzung der Kinder

Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament einen Pflichtteils- bzw. Erbteilsverzicht der Kinder bis beide Eltern gestorben sind angeordnet, so spricht dies für eine wechselbezügliche Schlusserbeneinsetzung der Kinder. In diesem Fall ist der überlebende Ehegatte daran gehindert, die Schlusserbeneinsetzung nachträglich zu ändern. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Durch ein gemeinschaftliches Testament aus dem Jahr 2000 setzte sich ein Ehepaar gegenseitig als Alleinerben ein. Das Testament enthielt zwar keine ausdrückliche Erbeneinsetzung nach dem Tod des überlebenden Ehegatten, jedoch ordnete es einen Pflichtteils- bzw. Erbteilsverzicht für die beiden gemeinsamen Kinder bis zum Tode beider Eltern an. Nach dem Tod des Ehemanns errichtete die Ehefrau im Juli 2007 ein eigenes Testament, in dem sie zwei andere Personen als Erben einsetzte. Diese Personen beantragten nunmehr im Jahr 2014 nach dem Tod der Ehefrau einen entsprechenden Erbschein. Das Amtsgericht Rosenheim wies den Antrag zurück. Dagegen richtete sich die Beschwerde der beiden Personen.

Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung Das Oberlandesgericht München bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Beschwerde zurück. Das gemeinschaftliche Testament aus dem Jahr 2000 enthalte eine Schlusserbeneinsetzung der Erblasserin zugunsten der gemeinsamen Kinder der Ehegatten, die wechselbezüglich im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB zu ihrer Erbeinsetzung durch den vorverstorbenen Ehemann sei. Die Schlusserbeneinsetzung sei konkludent erfolgt. Die Anordnungen betreffend des Pflichtteils- bzw. Erbteilsverzichts bis beide Eltern verstorben sind, lege diesen Schluss nahe. Die Schlusserbeneinsetzung sei gemäß § 2270 Abs. 2 BGB im Zweifel wechselbezüglich.

Unwirksamkeit des später errichteten Testaments Die Erblasserin habe daher die Beschwerdeführer nicht durch das Testament aus dem Jahr 2007 als Erben einsetzen können, so das Oberlandesgericht.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht München
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:08.11.2016
  • Aktenzeichen:31 Wx 224/16

Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)