Erfolgreiches Organstreitverfahren wegen Nichtvorlage von Akten an den "PUA II – Hochwasserkatastrophe"

Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen hat einen Beweisbeschluss zur Vorlage von Akten an den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss II der 18. Wahlperiode des nordrhein-westfälischen Landtags ("PUA II – Hochwasserkatastrophe") nur unzureichend erfüllt und dadurch die sich aus der Landesverfassung ergebenden Rechte der Ausschussminderheit verletzt. Das hat der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster mit einem heute verkündeten Urteil entschieden.

Der "PUA II – Hochwasserkatastrophe" soll mögliche Versäumnisse, Fehleinschätzungen und mögliches Fehlverhalten der damaligen Landesregierung, insbesondere der zuständigen Ministerien sowie der ihnen nachgeordneten Behörden während der Hochwasserkatastrophe untersuchen, die sich Mitte Juli 2021 insbesondere im Ahrtal und im Süden Nordrhein-Westfalens ereignet hatte. Er setzt die Arbeit des PUA V der 17. Wahlperiode fort. Mit Beweisbeschlusses Nr. 13 forderte der Untersuchungsausschuss im November 2022 unter anderem bei der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung die in ihrem Geschäftsbereich vorhandenen Akten und sonstigen Unterlagen an, die mit dem Untersuchungsauftrag im Zusammenhang stehen. Die Ministerin legte daraufhin zehn Blatt Akten vor. Eine Vorlage weiterer Akten lehnte sie mit der Begründung ab, dass der Untersuchungsauftrag ausdrücklich auf die Phase während der Hochwasserkatastrophe beschränkt sei und damit lediglich den Zeitraum vom Einsetzen des Starkregens bis zum Abfließen der Wassermassen erfasse. Die Antragstellerin, die im PUA II eine qualifizierte Minderheit bestehend aus den drei stimmberechtigten Mitgliedern der SPD-Fraktion bildet, hat im März 2023 vor dem Verfassungsgerichtshof ein Organstreitverfahren gegen die Ministerin (Antragsgegnerin) eingeleitet. Sie ist der Auffassung, der Text des aktuellen Untersuchungsauftrags müsse vor dem Hintergrund des bereits in der 17. Legislaturperiode ausgetragenen Konflikts um dessen Reichweite interpretiert werden. So sei der Terminus "zur Abwehr von Gefahren" aus dem Untersuchungsauftrag des PUA V der 17. Legislaturperiode ausdrücklich gestrichen worden, um den Untersuchungsauftrag auszuweiten. Eine enge zeitliche Beschränkung sei mit diesem Erweiterungsgedanken nicht zu vereinbaren. Die Antragsgegnerin hält demgegenüber an ihrer Argumentation fest und macht darüber hinaus geltend, dass der zugrundeliegende Beweisbeschluss Nr. 13 zu unbestimmt sei.
Rechte von Ausschussmitgliedern verletzt
Der Verfassungsgerichtshof hat der Organklage der Antragstellerin stattgegeben. Die Antragsgegnerin verletzt durch ihre Weigerung das Untersuchungsrecht der Antragstellerin aus Art. 41 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Art. 41 Abs. 2 Satz 3 LV. Bei der Auslegung des Beweisbeschlusses ergibt sich, dass der Untersuchungsauftrag zeitlich nicht auf den Zeitraum bis zum Abfließen der Wassermassen beschränkt ist, sondern die Zeit vom 9. Juli bis zum 9. September 2021 erfasst. Denn dieser Untersuchungszeitraum wurde durch den Landtag im Einsetzungsbeschluss explizit festgehalten. Die weiteren Auslegungsmethoden führen zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere spricht der historische Kontext gegen die von der Antragsgegnerin vorgenommene zeitliche Einschränkung. Die Rüge der Antragsgegnerin, der Beweisbeschluss Nr. 13 sei nicht hinreichend bestimmt, ist im vorliegenden Verfahren nicht Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung. Aufgrund des Grundsatzes der Organtreue hätte sie bereits vorprozessual ihre Entscheidung hiermit begründen müssen, damit die Antragstellerin die Berechtigung der Vorlageverweigerung insoweit hätte nachvollziehen und rechtliche Schritte prüfen können.

    Angaben zum Gericht:

    • Gericht:Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen
    • Entscheidungsart:Urteil
    • Datum:09.04.2024
    • Aktenzeichen:VerfGH 31/23

    Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ab)