Keine Entschädigung für Hotels im Corona-Lockdowns

Der BGH hat darüber entschieden, ob die Infektionsschutzmaßnahmen der beklagten Freie Hansestadt Bremen während des "ersten und zweiten Lockdowns" (März 2020 bis Juni 2021) auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage beruhten und die staatlichen Corona-Hilfen mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sind.

Die Klägerinnen betreiben jeweils ein Hotel in Bremen mit einem eigenen Restaurant und sind Teil einer bundesweit tätigen Hotelgruppe. Sie begehren die Feststellung, dass die Beklagte ihnen die Kosten und Gewinneinbußen zu ersetzen hat, die sie auf Grund der Infektionsschutzbestimmungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (insbesondere Beherbergungs- und Veranstaltungsverbote, Gaststättenschließungen) erlitten haben. Nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Klägerinnen konnten diese von ihren Hotelbetrieben wegen des Beherbergungsverbots während des "ersten Lockdowns" (März bis Mai 2020) 60 Tage und während des "zweiten Lockdowns" (November 2020 bis Juni 2021) 199 Tage keinen bestimmungsgemäßen Gebrauch machen. Darüber hinaus mussten die hoteleigenen Restaurants wegen der Gaststättenschließungsanordnung 58 Tage beziehungsweise 230 Tage geschlossen werden und konnten wegen des Veranstaltungsverbots von März bis Mai 2020 56 Tage keine Veranstaltungen stattfinden. Die Klägerinnen haben geltend gemacht, die angeordneten Corona-Schutzmaßnahmen seien rechtswidrig, insbesondere unverhältnismäßig, gewesen. Die staatlichen Corona-Hilfen hätten keine ausreichende Kompensation dargestellt, weil die Förderprogramme zum einen die Existenzgefährdung der Geschäftsbetriebe der Klägerinnen nicht beseitigt und zum anderen konzernangehörige Unternehmen gegenüber Einzelunternehmen gleichheitswidrig benachteiligt hätten. Wie in den Vorinstanzen hatte die Klage der Hotel-Betreiber auch beim BGH keinen Erfolg.
BGH: Infektionsschutzmaßnahmen waren rechtmäßig
Der BGH hat die Revision der Klägerinnen zurückgewiesen, da die angegriffenen Infektionsschutzmaßnahmen der Beklagten rechtmäßig waren und die Ausgestaltung der staatlichen Corona-Hilfen einer Überprüfung gemäß Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG standhält. Ansprüche der Klägerinnen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG), nach § 117 Abs. 1 Satz 1, 2 BremPolG sowie nach den Grundsätzen über den enteignenden beziehungsweise enteignungsgleichen Eingriff bestehen nicht. Die infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen der Beklagten beruhten auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage.
Staatliche Hilfen milderten Folgen ab
Zudem wurden die Eingriffe in Art. 14 Abs. 1 GG durch großzügige staatliche Hilfsprogramme entscheidend abgemildert. Von diesen Staatshilfen haben auch die Klägerinnen in großem Umfang profitiert. Ihrem Vortrag zufolge erhielt die Hotelgruppe, der sie angehören, aus staatlichen Förderprogrammen insgesamt 73,6 Millionen Euro. Die Hotelgruppe hat darüber hinaus - neben Kurzarbeitergeld - aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds einen Kredit von 47,5 Millionen Euro erhalten. Dadurch sind die Folgen der Pandemie auch für die Klägerinnen durch staatliche Unterstützungsleistungen erheblich abgemildert worden.
Staat nicht zur Verhinderung drohender Insolvenzen verpflichtet
Schließlich stellt der BGH auch klar, dass der Staat nicht verpflichtet ist, jede auf Grund von Infektionsschutzmaßnahmen drohende Insolvenz zu verhindern, und sich in Pandemiezeiten gegebenenfalls auf seine Kardinalpflichten zum Schutz der Bevölkerung beschränken muss, können die Klägerinnen ihr Unternehmerrisiko nicht auf die Allgemeinheit abwälzen und sich auf eine solidarische Lastenverteilung zu ihren Gunsten und auf Kosten kleiner und mittlerer Hotelbetriebe berufen.
Kein Staatshaftungsanspruch wegen Benachteiligung bei der Gewährung von Corona-Hilfe
Die Revision hat aber auch deshalb keinen Erfolg, weil die - unterstellt gleichheitswidrige - Benachteiligung bei der Gewährung von Corona-Hilfen keinen Staatshaftungsanspruch, sondern allenfalls - unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG - einen Anspruch auf weitergehende, vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machende Leistungen aus den staatlichen Hilfsprogrammen zur Folge hätte.

    Angaben zum Gericht:

    • Gericht:Bundesgerichtshof
    • Entscheidungsart:Urteil
    • Datum:11.04.2024
    • Aktenzeichen:III ZR 134/22

    Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)