Anfechtung einer Erbschaft bei überschuldetem Nachlass möglich

Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass die Erbschaft eines überschuldeten Nachlasses unter bestimmten Umständen angefochten werden kann.

Im zugrunde liegenden Streitfall ging es um die Erbfolge einer im Alter von 47 Jahren verstorbenen Kölnerin. Da die Erblasserin kein Testament verfasst hatte, waren der Ehemann und die beiden Geschwister der Verstorbenen als gesetzliche Erben berufen. Während die Schwester die Erbschaft direkt aus geschlagen hatte, ließ der Bruder die sechswöchige Frist zur Ausschlagung der Erbschaft zunächst verstreichen. Damit galt die Erbschaft für ihn § 1943 BGB als angenommen. Danach erklärte der Bruder die Anfechtung der Annahme der Erbschaft wegen Irrtums. Er habe nicht gewusst, dass der Nachlass überschuldet sei.
Anfechtung der Annahme der Erbschaft gerechtfertigt Das Oberlandesgericht Köln entschied, dass der Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses zur Anfechtung gem. § 119 Abs. 2 BGB berechtigte, weil er auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses beruht habe. Der Erbe habe gewusst, dass die Erblasserin ein Jahr vor ihrem Tod eine Abfindung in Höhe von rund 100.000 Euro erhalten habe und dass ein Kontoauszug einige Monate vor dem Tod einen Kontoguthaben von ca. 60.000 Euro ausgewiesen habe. Angesichts dieser konkreten Anhaltspunkte habe er erwarten dürfen, dass der Nachlass werthaltig sei. Diese Erwartung habe sich nicht erfüllt. Sein Bemühen, von dem Ehemann Auskünfte über den Verbleib der Abfindungssumme zu erhalten, sei erfolglos gewesen. Mangels Informationen zum Verbleib der Abfindung und angesichts einer an ihn adressierten Krankenhausrechnung über die Behandlung der Erblasserin habe der Bruder die Annahme der Erbschaft anfechten können.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Köln
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:15.05.2017
  • Aktenzeichen:2 Wx 109/17

Oberlandesgericht Köln/ra-online