BGH: Erkennbarkeit der sexuellen Handlung für Opfer keine Voraussetzung für Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen

Die Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen gemäß § 182 StGB setzt nicht voraus, dass das jugendliche Opfer den sexuellen Charakter der Tathandlung erkennt. Daher ist es unerheblich, dass der Täter die Durchführung einer sportmedizinischen Studie vortäuscht, um an den Jugendlichen sexuelle Handlungen vorzunehmen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zwischen März 2013 und April 2014 nahm ein Sexualtäter an jugendlichen Personen im Alter zwischen vierzehn und siebzehn Jahren körperliche Untersuchung vor. Diese hatten eindeutig sexuellen Bezug und dienten seiner sexuellen Befriedigung. Zur Durchführung der sexuellen Handlung bewog der Täter die jugendlichen Personen zum einen dadurch, dass er vortäuschte eine sportmedizinische Studie zu erstellen und selbst Rettungssanitäter zu sein. Zum anderen bot er ein Entgelt zwischen 20 und 100 EUR an, das sich am Umfang der Untersuchung ausrichtete. Das Landgericht Osnabrück verurteilte den Täter unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dagegen richtete sich die Revision des Täters.

Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Revision des Täters zurück. Er habe sich gemäß § 184 Abs. 2 StGB wegen sexuellen Missbrauchs an Jugendlichen strafbar gemacht. Dabei habe es keine Rolle gespielt, dass die jugendlichen Opfer den sexuellen Charakter der Tathandlung aufgrund der Täuschung des Täters nicht erkannt haben. Es komme allein auf das äußere Erscheinungsbild der Tathandlung an, nicht auf die subjektive Vorstellung des Opfers.

Schutz von jugendlichen Personen Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs müsse zum Schutz jugendlicher Personen auf die objektiven Umstände abgestellt werden. Denn es lasse sich nicht vorhersehen, ob und gegebenenfalls wann der Erkenntnisprozess beim jugendlichen Opfer stattfinde, wie er seine Erfahrung verarbeite und sich zunächst nicht genau eingeordnete Vorfälle zu einem späteren Zeitpunkt auf seine sexuelle oder soziale Entwicklung auswirke. Es komme in diesem Zusammenhang daher nicht darauf an, aus welchem Grund das jugendliche Opfer den wahren Gehalt der sexuellen Handlung verkenne.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesgerichtshof
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:10.03.2016
  • Aktenzeichen:3 StR 437/15

Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)