BGH: Pferdezucht als Nutztierhaltung setzt Gewinnerzielungsabsicht des Pferdehalters und Möglichkeit der Gewinnerzielung voraus

Liegt in einer Pferdezucht eine Nutztierhaltung, so besteht für den Pferdehalter keine Gefährdungshaftung nach § 833 Satz 1 BGB. Eine Nutztierhaltung liegt unter anderem vor, wenn die Zucht der Erwerbstätigkeit dient. Dies setzt aber eine Gewinnerzielungsabsicht des Pferdehalters und die Möglichkeit der Gewinnerzielung voraus. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: In den frühen Morgenstunden eines Tages im September 2011 befuhren zwei Arbeitnehmer mit dem Kleinbus ihres Arbeitgebers eine Landstraße in Bayern. Dabei kam es zu einem Zusammenstoß mit einer trächtigen Stute, die auf der Fahrbahn stand. Bei der Kollision wurde das Fahrzeug erheblich beschädigt, die Insassen verletzt und das Pferd getötet. Der Arbeitgeber machte für den Unfall den Halter der Stute verantwortlich und erhob daher Klage auf Zahlung von Schadensersatz. Das Pferd war vor dem Unfall auf einer etwa 250 bis 300 m entfernten Koppel untergebracht, die mit an Holzpfosten befestigten Elektrobändern eingezäunt war. Einer der Pfähle war aus unbekannter Ursache umgeknickt. Der Pferdehalter betrieb als Nebentätigkeit eine Pferdezucht.

Landgericht und Oberlandesgericht wiesen Schadensersatzklage ab Sowohl das Landgericht Memmingen als auch das Oberlandesgericht München wiesen die Schadensersatzklage ab. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts handele es sich bei der Pferdezucht um eine Nutztierhaltung. Denn die Zucht diene der Erwerbstätigkeit des Beklagten. Dieser habe mit der Zucht in Zukunft Gewinn erzielen wollen. Die dem Beklagten damit zukommende Möglichkeit des Entlastungsbeweises gemäß § 833 Satz 2 BGB sei ihm gelungen. Er habe die erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt. Die Art der Einzäunung sei nicht zu beanstanden. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision des Klägers.

Bundesgerichtshof fordert Möglichkeit der Gewinnerzielung Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Zwar räume § 833 Satz 2 BGB dem Tierhalter die Möglichkeit ein, sich von der Gefährdungshaftung des § 833 Satz 1 BGB zu entlasten, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden sei, das der Erwerbstätigkeit des Halters zu dienen bestimmt sei. Dies erfordere neben der Gewinnerzielungsabsicht des Halters auch die realistische Möglichkeit, dass der Tierhalter auf Dauer gesehen aus der Tierhaltung Gewinne erwirtschaftet. Letzteres sei hier zweifelhaft. Den Feststellungen des Oberlandesgerichts lasse sich nicht entnehmen, dass eine zumindest im Ansatz realistische Chance bestanden habe, durch den zukünftigen Verkauf von Fohlen Erlöse zu erzielen. Vielmehr habe der Beklagte bisher nur Verluste erwirtschaftet.

Zurückweisung des Falls an das Oberlandesgericht Der Bundesgerichtshof wies den Fall zur Neuverhandlung an das Oberlandesgericht zurück. Dabei wies er zudem daraufhin, dass Zweifel daran bestehen, dass die Umzäunung ausreichend gewesen sei und der Beklagte somit bei der Beaufsichtigung der Pferde die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet habe.

  • Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
    • Oberlandesgericht SaarbrückenUrteil[Aktenzeichen: 4 U 615/04 - 55/05]
  • Vorinstanz:
    • Landgericht MemmingenUrteil[Aktenzeichen: 32 O 712/12]
    • Oberlandesgericht MünchenBeschluss[Aktenzeichen: 24 U 4348/14]

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesgerichtshof
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:14.02.2017
  • Aktenzeichen:VI ZR 434/15

Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)