Keine Persönlichkeitsverletzung durch identifizierende Berichterstattung durch Wiedergabe eines Hass-Kommentars auf Facebook

Wird im Rahmen einer Presseberichterstattung ein Hass-Kommentar, welcher auf Facebook gepostet wurde, wörtlich wiedergegeben, so liegt darin keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, auch wenn der Verfasser des Posts namentlich genannt wird. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Zuge der Berichterstattung über einen Rechtspopulisten veröffentlichte die Betreiberin einer Pressewebseite im Juli 2014 den Kommentar eines Facebook-Nutzers auf der Seite des Rechtspopulisten. Darin äußerte der Nutzer, dass er "nichts dagegen hätte, diesen Genderlesben 8x9 mm in das dumme Gehirn zu jagen". Die Webseitenbetreiberin gab bei der Berichterstattung den Namen des Facebook-Nutzers an, ein Unternehmensberater aus Saarbrücken. Dieser war mit der Veröffentlichung nicht einverstanden. Er führte an, dass er nicht Autor des Kommentars unter seinem Namen sei. Er erhob daher gegen die Webseitenbetreiberin Klage auf Unterlassung. Zudem verlangte er Schadensersatz, weil sein Ruf als Unternehmensberater unter der Berichterstattung gelitten habe.

Landgericht gibt Klage auf Unterlassung und Schadensersatz statt Das Landgericht Saarbrücken gab der Klage auf Unterlassung und Zahlung von Schadensersatz statt. Es führte an, dass die Beklagte nicht die Urheberschaft des Klägers habe nachweisen können und somit eine unwahre Tatsachenbehauptung vorgelegen habe. Zudem hätte die Beklagte nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung Recherchen zur der Urheberschaft des Verfassers des Kommentars anstellen müssen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Beklagten.

Oberlandesgericht verneint Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied zu Gunsten der Beklagten und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger stehen weder der Unterlassungs- noch der Schadensersatzanspruch zu. Er sei durch die Berichterstattung nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Der Beklagten könne auch keine unwahre Berichterstattung oder eine unzureichende Recherche vorgeworfen werden.

Keine Anwendung der Grundsätze zur Verdachtsberichterstattung Die Grundsätze zur Verdachtsberichterstattung seien nicht einschlägig, so das Oberlandesgericht. Die Beklagte habe nicht über einen Verdacht berichtet. Vielmehr sei über den unstreitigen Facebook-Post berichtet worden. Es habe kein Verdacht im Raum gestanden, bezüglich dessen die Gefahr einer Falschberichterstattung bestanden habe. Der Beklagten habe nicht oblegen, Recherchen zur Identität des Verfassers anzustellen. Für sie habe es keine Veranlassung gegeben daran zu zweifeln, dass sich über den Facebook-Account auch tatsächlich die berechtigte Person geäußert hat. Vielmehr sei von der Urheberschaft des Klägers auszugehen.

Keine Pflicht zur anonymisierten Berichterstattung Die Beklagte habe nach Ansicht des Oberlandesgerichts auch nicht anonymisiert über den Facebook-Post berichten müssen. Es gehöre nämlich zu den Aufgaben der Presse Verfehlungen auch konkreter Personen aufzuzeigen. Sie dürfe dabei nicht auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden. Die personalisierte Darstellung sei zulässiges Mittel, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Missstand von Hassbotschaften im Internet zu lenken. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst aus freien Stücken durch das Absetzen des Kommentars auf der Facebook-Seite des Rechtspopulisten in die Öffentlichkeit gegangen ist. Der Kläger sei daher nur in seiner Sozialsphäre betroffen.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Saarbrücken
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:30.06.2017
  • Aktenzeichen:5 U 16/16

Oberlandesgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)