BGH: Haftung des Staates für Amtspflichtverletzung bei Noteinsätzen zur Gefahrenabwehr nicht auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt

Wird im Rahmen eines Noteinsatzes zur Gefahrenabwehr eine Amtspflicht verletzt, so beschränkt sich die Haftung des Staates nicht auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Eine entsprechende Anwendung von § 680 BGB kommt nicht in Betracht. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall kam es an einem Abend im Februar 2010 in einem Auslieferungslager und dem Verwaltungsgebäude eines Reformwarenhandels zu einem Großbrand. Zur Bekämpfung des Brandes verwendete die Feuerwehr unter anderem PFOS-Schaum, welches ins Grundwasser gelangte. Dies beanstandete die Grundstückeigentümerin, da sie nunmehr zur Sanierung des Grundstücks aufgefordert wurde. Sie hielt den Einsatz des Schaums für unnötig und warf dem Einsatzleiter der Feuerwehr eine Amtspflichtverletzung vor. Sie klagte daher auf Zahlung von Schadensersatz.

Landgericht und Oberlandesgericht gaben Klage statt Sowohl das Landgericht Baden-Baden als auch das Oberlandesgericht Karlsruhe gaben der Schadensersatzklage statt. Der Einsatz des PFOS-Schaums sei amtspflichtwidrig gewesen, so dass der Klägerin der Schadensersatzanspruch gemäß § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zustünde. Der Einsatzleiter habe fahrlässig gehandelt. Eine Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz gemäß § 680 BGB komme nicht in Betracht. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Beklagten.

Bundesgerichtshof verneint ebenfalls Haftungsprivilegierung Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Insbesondere schloss er eine Haftungsprivilegierung für den Einsatzleiter und damit der Beklagten gemäß § 680 BGB aus. Eine direkte Anwendung der Vorschrift scheide aus, da die Voraussetzungen einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne von §§ 677, 680 BGB nicht vorliegen. Aber auch eine entsprechende Anwendung von § 680 BGB scheide aus.

Keine entsprechende Anwendung von § 680 BGB bei Einsätzen professioneller Nothelfer Eine entsprechende Anwendung des Haftungsmaßstabs aus § 680 BGB in Fällen der Gefahrenabwehr durch professionelle Nothelfer komme nicht in Betracht, so der Bundesgerichtshof. Es sei zu beachten, dass Sinn und Zweck der Vorschrift sei, dass der potentielle Helfer in Augenblicken dringender Gefahr zur Hilfeleistung ermutigt wird, ohne eine spätere Inanspruchnahme aufgrund Fehlverhaltens befürchten zu müssen. Die Vorschrift richte sich dabei an zufällige vor Ort befindliche Personen. Dies sei nicht vergleichbar mit der Situation von Amtsträgern, zu deren öffentlich-rechtlicher Pflicht die berufsmäßige Abwehr dringender Gefahren gehört. Diese seien auf Notensätze vorbereitet und haben eine entsprechende Erfahrung. Das Risiko eines Fehlverhaltens sei also deutlich geringer. Zudem sei die Feuerwehr vor finanziellen Risiken und Kosten eines Einsatzes geschützt. Schließlich gab der Bundesgerichtshof zu bedenken, dass es nicht den Grundsätzen der Amtshaftung entspreche, dass die gesamte öffentliche-rechtliche Gefahrenabwehr bei Notsituationen von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgenommen würde.

  • Vorinstanz:
    • Landgericht Baden-BadenUrteil[Aktenzeichen: 3 O 4/11]
    • Oberlandesgericht KarlsruheUrteil[Aktenzeichen: 1 U 146/14]

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesgerichtshof
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:14.06.2018
  • Aktenzeichen:III ZR 54/17

Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)