BGH: Bei eigener Sachkunde des Gerichts kann auf Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden

Ein Gericht kann auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichten, wenn es eine eigene Sachkunde in der Frage hat. Darauf muss das Gericht die Parteien des Rechtsstreits aber hinweisen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

In einem Arzthaftungsprozess vor dem Bundesgerichtshof im Jahr 2017 gegen einen Zahnarzt ging es um die Frage, ob das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. im Berufungsverfahren eine Entscheidung treffen durfte, ohne ein von der Klägerin gefordertes Sachverständigengutachten einzuholen. Der Verzicht auf das Gutachten erfolgte ohne Begründung.

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör Der Bundesgerichtshof sah in der Nichtbeachtung des von der Klägerin geforderten Sachverständigengutachtens eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Ein Gericht dürfe, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichten, wenn es entsprechende eigene besondere Sachkunde vorweisen könne. Will das Gericht auf die eigene Sachkunde abstellen, müsse es den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen. Dies gelte auch dann, wenn das Gericht auf ein Sachverständigengutachten verzichten will, weil es das Gutachten auf Grundlage eigener Sachkunde für ungeeignet halte.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesgerichtshof
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:09.01.2018
  • Aktenzeichen:VI ZR 106/17

Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)