Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Zuckerung eines Weinerzeugnisses in der Gärphase nur der Erhöhung des Alkoholgehalts dienen darf. Sie darf nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Zucker (Saccharose) zu süßen.
Der Kläger ist Inhaber eines Weinguts. Er erhielt für seinen Rieslingwein aus dem Jahrgang
2014 eine amtliche Prüfungsnummer für Qualitätswein. Nachdem die Untersuchung der im
Rahmen einer Betriebskontrolle entnommenen Proben einen Restzuckergehalt von 17,1 g/l bei
einem Glucose-Fructose-Verhältnis von 47 zu 53 ergeben hatte, gab der Kläger an, bei der
zweiten Anreicherung vom März 2015 sei der zugegebene Zucker offenbar nicht vollständig
vergoren. Mit Bescheid vom 24. September 2015 nahm die Landwirtschaftskammer Rheinland-
Pfalz den Prüfungsbescheid zurück. Entgegen den im Antragsverfahren gemachten Angaben
sei der Wein gesüßt und damit unter Anwendung eines nicht zugelassenen önologischen
Verfahrens hergestellt worden. Die Zugabe von Saccharose im Rahmen der Anreicherung
bewirke eine unzulässige Süßung, wenn eine ausreichende Vergärung des Zuckers nicht stattgefunden habe.
OVG: Im Wein vorhandene Restsüße darf nur von frischen Weintrauben und von Traubenmost herrühren
Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz darf die im Wein vorhandene Restsüße nur von frischen Weintrauben und von Traubenmost, nicht aber von Saccharose-Zugaben herrühren. Die
Annahme des Klägers, jegliche Zuckerzugabe, die während der Gärphase nach den gesetzlichen Bestimmungen erfolge, müsse auch im Hinblick auf den im Wein verbleibenden Restzuckergehalt unbedenklich sein, treffe nicht zu. Der vom Kläger noch im März zur Anreicherung zugegebene Kristallzucker sei nur zu 10 % vergoren. Damit liege eine unzulässige Süßung vor.
BVerwG bestätigt Entscheidung des OVG
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revision des Klägers zurück. Nach den maßgeblichen Vorschriften des europäischen Weinrechts (Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Anhang I D Nr. 1 der Verordnung 606/2009/EG) darf Qualitätswein nicht mit Zucker gesüßt werden. In der Gärphase darf dem Erzeugnis zur Erhöhung des natürlichen Alkoholgehalts nach Maßgabe näherer Bestimmungen (Art. 80 Abs. 1 i.V.m. Anhang VIII Teil 1 der Verordnung 1308/2013/EU) Saccharose zugesetzt werden. Sinn und Zweck dieser sogenannten Anreicherung ist die Erhöhung des vorhandenen Alkoholgehalts und nicht der Restsüße; sie darf nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Zucker zu süßen. Von einer Umgehung ist hier auszugehen. Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts waren nur 10 % der im März 2015 zugegebenen Saccharose zu Alkohol vergoren. Eine Prüfungsnummer darf einem solchen Wein nicht erteilt werden.
- Vorinstanz:
- Verwaltungsgericht MainzUrteil[Aktenzeichen: 1 K 611/16.MZ]
- Qualitätswein oder Prädikatswein darf nur mit Traubenmost gesüßt werden ( Oberverwaltungsgericht Rheinland-PfalzUrteil[Aktenzeichen: 8 A 11751/17.OVG] )
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Bundesverwaltungsgericht
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:30.01.2020
- Aktenzeichen:BVerwG 3 C 6.18