Landgericht Leipzig, Urteil vom 30.01.2020 (Az. 07 O 1966/18)
Eine wegweisende Entscheidung des LG Leipzig zur Frage der Schadenersatzpflicht einer Gemeinde bei versagtem Kita-Platz und zur Frage des Mitverschuldens
Das Landgericht Leipzig gab einer Klage einer Mutter auf Schadenersatz wegen Verdienstausfall gegen die Gemeinde statt, in welcher sie wohnhaft ist. Der Sohn der Klägerin wurde zum 08.03.2018 ein Jahr alt. Ende 2017 teilte die Gemeinde der Klägerin mit, dass für ihren Sohn kein Betreuungsplatz zum 08.03.2018 zur Verfügung stünde, obwohl die Klägerin zu diesem Datum ihre Berufstätigkeit wieder voll aufnehmen wollte. Auch nach zahlreichen weiteren Anfragen nach einem Betreuungsplatz wurde der Klägerin zum Stichtag kein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt. Erst zum 01.07.2018 konnte letztlich ein Betreuungsplatz bereitgestellt werden. Die Klägerin musste daher für fast 4 Monate ohne Einkommen zuhause bleiben, und begehrte nun hierfür Schadenersatz.
Mit seinem Urteil vom 20.10.2016 (Az. III ZR 278/15) stellte bereits der Bundesgerichtshof (BGH) fest, dass sich ein solcher Schadenersatzanspruch wegen einer Amtspflichtverletzung aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG direkt gegen die Gemeinde als Träger der öffentlichen Jugendhilfe ergibt. Dieser Auffassung schloss sich das Landgericht Leipzig nunmehr an.
Den Einwand der Gemeinde, dass die Klägerin zunächst i.S.d. § 839 Abs. 3 BGB einstweiligen Rechtsschutz hätte ergreifen müssen, wies das Landgericht zurück. Es nahm insbesondere kein Mitverschulden der Klägerin an, da die Gemeinde der Klägerin selbst unmissverständlich mitteilte, dass kein Betreuungsplatz zur Verfügung stand. Die Klägerin musste daher nicht davon ausgehen, dass die Gemeinde dennoch über freie Kapazitäten verfügt, welche sie aber nur nach Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verfügung stellt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob die Gemeinde ein Rechtsmittel einlegt und wie eine höhere Instanz entscheidet.