Das Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat die Klage eines Versicherungsmaklerunternehmens gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Zusammenhang mit dem Provisionsabgabeverbot abgelehnt.
Die Klägerin betreibt seit Mitte 2017 auf ihrer Webseite ein Vergleichsportal für
Versicherungstarife. Zugleich haben Kunden die Möglichkeit, über die Klägerin einen
neuen Versicherungsvertrag mit einem Versicherungsunternehmen abzuschließen oder
bereits abgeschlossene Versicherungsverträge an die Klägerin zur aktiven Betreuung
zu übertragen. In beiden Fällen wird zwischen dem Versicherungsnehmer und der
Klägerin ein Versicherungsmaklervertrag geschlossen und vereinbart, dass die Klägerin
dem Kunden etwaige Abschlussprovisionen beziehungsweise Bestandsprovisionen, die
sie von den Versicherungsunternehmen erhält, abzüglich einer Pauschale in Höhe von
12 € weiterleitet.
BaFin: Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot des Versicherungsaufsichtsgesetzes
Die beklagte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) schrieb im August und Oktober 2018 die ihrer Aufsicht unterstehenden Versicherungen an und teilte mit,
dass sie in der Zusammenarbeit eines Erst-Versicherungsunternehmens mit einem
Versicherungsmakler wie beispielsweise der Klägerin auf der Grundlage des ihr
gegenwärtig bekannten Geschäftsmodells einen Verstoß gegen das
Provisionsabgabeverbot des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sehe. Sie wies
daraufhin, dass Versicherungen bei einer weiteren Zusammenarbeit mit der Klägerin
auf Grundlage des streitigen Geschäftsmodells eine Untersagungsanordnung drohe.
Klägerin begehrte gerichtliche Verpflichtung zum Erlass neuer Musterschreiben
Hiergegen hat sich die Klägerin im August 2018 zunächst mit einem Eilantrag gewandt,
der erfolglos blieb (Beschluss vom 28.09.2018 - AZ: 7 L 3307/18.F – PM Nr. 13/2018).
Im August 2019 hat sie dann Klage erhoben. Sie begehrt die gerichtliche Verpflichtung
der BaFin zum Erlass von neuen Musterschreiben an die von ihr beaufsichtigten
Versicherungsunternehmen des Inhalts, dass sie nicht beabsichtige,
Ordnungsmaßnahmen wegen einer Zusammenarbeit auf Grundlage des auf
Provisionsweitergabe ausgerichteten Geschäftsmodells der Klägerin zu erlassen. Sie ist
der Ansicht, dass die Musterschreiben rechtswidrig seien. Sie verstoße mit ihrem
Preismodell nicht gegen das Provisionsabgabeverbot des § 48b Abs. 1 VAG.
VG: Rechtmäßigkeit der Rundschreiben lassen Anspruch auf Erlass von Musterschreiben entfallen
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die beklagte BaFin auf Erlass von Musterschreiben mit dem begehrten Inhalt, da die
Rundschreiben von August und Oktober 2018 rechtmäßig seien. Zwar habe das
Vorgehen der Beklagten für die Klägerin faktisch die Wirkung, als hätte die Beklagte
Untersagungsverfügungen gegen die mit ihr kooperierende Versicherungsunternehmen
erlassen. Die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin sei infolge der streitigen
Schreiben erheblich eingeschränkt worden. Allerdings handele es sich um eine
zulässige Aufsichtsmaßnahme der Beklagten, ihre rechtliche Auffassung zu äußern und
im Wege eines Rundschreibens auf Missstände hinzuweisen. Nach § 48b Abs. 1 VAG
sei es Versicherern und Versicherungsvermittlern untersagt, Versicherungsnehmern
aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu
versprechen. Dies erfasse jede vollständige oder teilweise Provisionsabgabe, wie sie
dem Geschäftsmodell der Klägerin zugrunde liege.
Provisionsabgabeverbot soll Fehlanreize verhindern
Das Provisionsabgabeverbot solle Fehlanreize verhindern und Verbraucher davor schützen, sich wegen der Aussicht auf eine weitergeleitete Provision für einen für ihn unpassenden Versicherungsschutz zu entscheiden oder festzuhalten. Das VG geht übereinstimmend mit dem Beschluss vom 28.09.2018 (7 L 3307/18.F) davon aus, dass das Geschäftsmodell der Klägerin
auch nicht den Ausnahmetatbestand des § 48b Abs. 4 S. 1 VAG erfülle, da die
vertraglichen Abreden zwischen der Klägerin und ihren Kunden nicht zu einer – wie es
der Ausnahmetatbestand fordere – „dauerhaften Prämienreduzierung des vermittelten
Vertrags“ führten. Diese könne nur vom Versicherer im Versicherungsvertrag selbst
gewährt werden.
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:19.11.2020
- Aktenzeichen:7 K 2581/19.F