Keine Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis zur Geltendmachung von Kindesunterhalt im Fall eines echten Wechselmodells

Die Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB zur Geltendmachung von Kindesunterhalt kommt im Fall eines echten Wechselmodells nicht in Betracht. Vielmehr ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich. Dies hat das Amtsgericht Hersbruck entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall beantragte eine Kindesmutter im Jahr 2020 beim Amtsgericht Hersbruck die Übertragung der Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüchen gegenüber dem Kindesvater. Die Eltern hatten ein paritätisches Wechselmodell vereinbart, bei der das Kind zu gleichen Teilen von den Eltern betreut wurde. Unzulässigkeit der Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis Das Amtsgericht Hersbruck entschied gegen die Kindesmutter. Die Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB zur Geltendmachung der Kindesunterhaltansprüche komme nicht in Betracht. Denn diese beziehe sich nur auf einzelne Angelegenheiten. Die Alleinentscheidungsbefugnis zur Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüche sei keine solche einzelne Angelegenheit. Denn zu ihr gehören über die Schaffung eines Titels hinaus auch die Überwachung der Zahlungseingänge, die Zwangsvollstreckung, die regelmäßige Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Schuldners durch Auskunftsanträge und gegebenenfalls die Abänderung des Titels. Es handele sich somit um eine Daueraufgabe.

Prozessuale Probleme und Interessenskonflikt Zudem sprechen aus Sicht des Amtsgerichts prozessuale Gesichtspunkte gegen eine Anwendung des § 1628 BGB. Denn dies würde dazu führen, dass inzident im Kindschaftsverfahren geprüft werden müsse, welcher Elternteil dem anderen Elternteil tatsächlich Unterhalt schuldet. Zudem bestehe für den Elternteil mit der Alleinentscheidungsbefugnis ein Interessenskonflikt, weil sich dessen Haftungsanteil durch die Erhöhung des Haftungsteils des anderen Elternteils reduziert.

Erforderlichkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers Nach Auffassung des Amtsgerichts sei die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich. Es diene eher dem Wohl des Kindes, wenn ein Ergänzungspfleger die Ansprüche gegen einen der Elternteile geltend macht, als wenn sich beide Eltern als "Gegner" in einem Gerichtsverfahren gegenüberstehen. Dies berge ein höheres Konfliktpotential. Zudem bestehe die Gefahr, dass sich Konflikte der Eltern negativ auf das betroffene Kind auswirken.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Amtsgericht Hersbruck
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:09.03.2021
  • Aktenzeichen:8 F 783/20

Amtsgericht Hersbruck, ra-online (vt/rb)