Easyjet Base BER - erste Kündidungswelle im Dezember 2020: Easyjet durfte Kündigungen wegen Reduzierung von Flugzeugen am BER aussprechen

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat über betriebsbedingte Kündigungen entschieden, die die Fluggesellschaft Easyjet in Folge einer Reduzierung der am Flughafen BER stationierten Flugzeuge ausgesprochen hat.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Fluggesellschaft hat in einem Interessenausgleich mit der Personalvertretung vereinbart, im Zuge der Herausnahme/Verlegung von 16 der zuvor 34 Flugzeuge aus der Easyjet Base BER ab Dezember 2020, zunächst 418 Arbeitsplätze abzubauen und erst im Mai/Juni 2021 auf der Basis der Nachfrage und wirtschaftlichen Entwicklung der Fluggesellschaft über einen Abbau von weiteren bis zu 320 Arbeitsplätzen zu entscheiden. Im Folgenden wurden im November 2020 im Zuge einer ersten Kündigungswelle und im Juni 2021 im Zuge einer zweiten Kündigungswelle betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen. Bei der Fluggesellschaft war in der Zeit von April 2020 bis Juni 2021 Kurzarbeit angeordnet. Nach erstinstanzlichen Entscheidungen des Arbeitsgerichts Cottbus über Kündigungsschutzklagen hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg über Berufungen gegen diese Urteile entschieden. Weitere Verfahren sind anhängig.
LAG bejahrt Wirksamkeit der Kündigungen der ersten Kündigungswelle
Nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg sind die ausgesprochene Kündigungen der ersten Kündigungswelle wirksam. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, die Kündigungen seien durch betriebsbedingte Gründe gerechtfertigt. Es sei aufgrund der unternehmerischen Entscheidung zur Reduzierung der am BER stationierten bzw. der als „Flugzeugkontingent“ dem BER zugeordneten Anzahl von Flugzeugen von 34 auf 18 von einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfes auszugehen. Die Beklagte habe schlüssig dargelegt, mit welcher Anzahl von Beschäftigten sie den verbleibenden Bestand an Flugzeugen vom BER aus betreiben wolle. Zwar sei die angeordnete Kurzarbeit ein Indiz für einen nur vorübergehenden Arbeitsmangel, Anlass der Kündigung sei jedoch nicht der vorübergehende Arbeitsmangel, sondern die ab Juni 2020 geplante und ab Dezember 2020 umgesetzte Reduzierung des Flugzeugkontingents. Dass die Beklagte keine langfristig gültigen Flugpläne aufstelle, sondern kurzfristig und flexibel auf die Nachfrage reagiere, stehe einem dauerhaften Wegfall der betroffenen Arbeitsplätze nicht entgegen. Kurzfristige Flugplanänderungen zwängen nur dann zu einer Vergrößerung des Flugzeugkontingents, wenn sie mit dem bestehenden Kontingent nicht abgewickelt werden könnten, wofür es keine Anhaltspunkte gebe.
Kündigungen trotz Verstoßes gegen § 17 Absatz 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz wirksam
Bei der Sozialauswahl habe die Beklagte den bestehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Dass die Beklagte anders als in § 17 Absatz 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz vorgesehen das Schreiben zur Einleitung des Konsultationsverfahrens der Bundesagentur nicht gleichzeitig mit der Einleitung des Konsultationsverfahrens, sondern erst gemeinsam mit der Massenentlassungsanzeige zugeleitet habe, führe nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Es handle sich um eine verfahrensordnende Vorschrift, deren Verletzung nach dem Zweck der Vorschrift auch unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben nicht zur Nichtigkeit der Kündigung führe. Das Landesarbeitsgericht hat im Hinblick auf die Frage der Folgen eines Verstoßes gegen § 17 Absatz 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

    Angaben zum Gericht:

    • Gericht:Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
    • Entscheidungsart:Urteil
    • Datum:12.05.2022
    • Aktenzeichen:5 Sa 1584/21

    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (pm/ab)