Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in drei Verfahren entschieden, dass angestellte Beschäftigte des Landes Berlin mit einer Eingruppierung oberhalb der Entgeltgruppe 13 TV-L keinen Anspruch auf Zahlung einer Hauptstadtzulage haben.
Das Land Berlin gewährt Beamten bis einschließlich der Besoldungsgruppe A 13 seit November
2020 auf der Grundlage einer landesgesetzlichen Regelung eine monatliche Hauptstadtzulage
von 150 EUR (§ 74a Bundesbesoldungsgesetz in der Überleitungsfassung für das Land
Berlin1). Nach § 74a Absatz 8 dieses Gesetzes kann den Arbeitnehmern des Landes Berlin in
entsprechender Anwendung eine Hauptstadtzulage gewährt werden. Von der Möglichkeit der
Gewährung einer außertariflichen Hauptstadtzulage hat das Land Berlin durch Rundschreiben
des Finanzsenators für Tarifbeschäftigte in den Entgeltgruppen 1 bis 13 TV-L (und
entsprechend für den Sozial- und Erziehungsdienst in den Entgeltgruppen S2 bis S18 sowie für
die Beschäftigten in der Krankenpflege in den Entgeltgruppen Kr 5 bis Kr 17) Gebrauch
gemacht.
Höher eingruppierte Tarifbeschäftigte monierten Ungleichbehandlung
Die Klägerinnen und Kläger in den hiesigen Verfahren sind in verschiedenen Bereichen der
Verwaltung des Landes Berlin mit Eingruppierungen nach den Entgeltgruppen 14 bzw. 15 TV-L
beschäftigt: Sie haben die Gewährung der Hauptstadtzulage mit der Begründung begehrt, der
Ausschluss der Beschäftigten in höheren Entgeltgruppen verstoße gegen den arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz und benachteilige sie unangemessen. Die Differenzierung nach
der Höhe der Vergütung in § 74a des Landesgesetzes verstoße gegen das grundrechtlich
garantierte Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Grundgesetz2.
LAG: Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz nicht anwendbar
Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge in allen drei Verfahren zurückgewiesen. Der
arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete dem Arbeitgeber, seine
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten
Regel gleich zu behandeln. Dieser Grundsatz sei auf die Hauptstadtzulage für Tarifbeschäftigte
nicht anwendbar, weil die Gewährung dieser Zulage nicht auf einem gestaltenden Verhalten
und einem selbst geschaffenen Regelwerk des Landes Berlin als Arbeitgeber beruhe, sondern
auf einem (vermeintlichen) Normenvollzug ohne eigene Verteilungsentscheidung. Bei einem –
auch nur vermeintlichen – Normenvollzug fehle es an einem arbeitgeberseitigen gestaltenden Verhalten, weil das Land als Exekutive die vom Abgeordnetenhaus geschaffenen Regeln lediglich befolgen wolle.
Kein Verstoß gegen Gleichheitsgebot des Art. 3 GG
§ 74a Absatz 8 in der beamtenrechtlichen Regelung zur Hauptstadtzulage sei dahin auszulegen, dass nicht sämtlichen Tarifbeschäftigten, sondern nur den mit den Beamten bis zur Besoldungsgruppe A 13 vergleichbaren Tarifbeschäftigten mit Eingruppierungen bis zur Entgeltgruppe 13 TV-L die Zulage gewährt werden könne. Dies sei nach dem zu beachtenden verfassungsmäßigen Gleichheitsgebot nicht zu beanstanden, weil der Zweck der Regelung nach deren Begründung in einer Steigerung der Arbeitgeberattraktivität des Landes Berlin bei zunehmend schwieriger Personalgewinnung gerade für Tätigkeiten mit Eingruppierungen bis zur Entgeltgruppe 13 TV-L liege. Die Grenzziehung sei nachvollziehbar und genüge den Anforderungen an einen sachlichen Grund für die vorgenommene Differenzierung. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg haben jeweils die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:21.04.2023
- Aktenzeichen:12 Sa 513/22)