Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat einen Eilantrag der Gemeinde Amt Wachsenburg gegen die Errichtung einer 110-kV-Freileitung zwischen den Umspannwerken Thörey und Wachsenburg abgelehnt.
Die Netzbetreiberin beabsichtigt die Errichtung einer Hochspannungsleitung, um die
im Gewerbegebiet Erfurt-West in Bau befindlichen Produktionsanlagen einer Batteriefabrik
künftig mit Strom zu versorgen. Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat
die Hochspannungsleitung, die im Gemeindegebiet der Antragstellerin errichtet werden
soll, mit einem Planfeststellungsbeschluss genehmigt. Dagegen hat die Antragstellerin
Klage erhoben und zugleich den jetzt entschiedenen Eilantrag gestellt, um
die Verwirklichung der Maßnahme bis zum Abschluss des Klageverfahrens einstweilen
zu verhindern. Sie ist der Auffassung, die Genehmigung hätte nur im Einvernehmen
mit der Gemeinde erteilt werden dürfen. Die Hochspannungsleitung sei nicht
erforderlich, weil die Batteriefabrik aus dem vorhandenen Mittelspannungsnetz ausreichend
versorgt werden könne. Jedenfalls müsste eine neue Leitung als Erdkabel
verlegt werden.
Der seit dem 1. Januar 2024 für Planungsverfahren zuständige 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat den Eilantrag mit Beschluss vom 29. Februar 2024 abgelehnt.
Ein Einvernehmen der Gemeinde sei nicht erforderlich gewesen, weil dem Vorhaben
überörtliche Bedeutung auf dem Gebiet der Elektrizitätsversorgung zukomme.
Der Nutzen des Vorhabens erschöpfe sich nicht in der Versorgung der künftigen Batteriefabrik.
Die bisher in der Bauphase gebundenen Mittelspannungsleistungsreserven
könnten freigesetzt und vorhandenen und zukünftigen Investoren in den im Bereich
des Erfurter Kreuzes ausgewiesenen Gewerbe- und Industriegebieten zur Verfügung
gestellt werden.
Verstöße gegen das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot, die dem Antrag auf
Gewährung vorläufigen Rechtschutzes hätten zum Erfolg verhelfen könnten, seien
nicht gegeben, so der Senat. Das Vorhaben sei gemessen an dem anzustrebenden
Ziel einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten
und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit
Elektrizität energiewirtschaftlich notwendig. Es sei wegen der gewählten Leitungstrasse
nicht geeignet, die Realisierung des Bebauungsplans „Industriegebiet Erfurter
Kreuz West“ der Antragstellerin nachhaltig zu stören, weil die im Bebauungsplan
festgesetzte Ausgleichsfläche, der geplante aber noch nicht realisierte Lärmschutzwall
und der u. a. als Sichtschutz für die Ortslage von Rehestädt geplante aber noch nicht angepflanzte Hainbuchen-Eichen-Mischwald insgesamt nur geringfügig beeinträchtigt
würden.
Die Gemeinde habe auch keinen Anspruch auf Verlegung der Hochspannungsleitung
als Erdkabel, weil die dafür prognostizierten Gesamtkosten die Gesamtkosten einer
technisch vergleichbaren Freileitung um mehr als den gesetzlich vorgegebenen Faktor
2,75 überstiegen. Darüber hinaus habe die Behörde zutreffend berücksichtigt, dass
ein Erdkabel zwar im Betrieb weniger in das Landschaftsbild eingreifen würde und
Nachteile für die Funktionen Wohnumfeld und siedlungsnahe Erholung brächte, die
Freileitung sich aber auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt, Fläche,
Boden und Wasser weniger auswirke, als das deutlich teurere und weniger versorgungssichere
Erdkabel. Die Bodenverluste insbesondere wertvoller Böden und von
Böden besonderer Standorteigenschaften seien beim Erdkabelbau in diesem Gebiet,
das der Raumordnungsplan Mittelthüringen als Vorbehaltsgebiet Landwirtschaftliche
Bodennutzung ausweise, deutlich höher. Ein Erdkabel beträfe größtenteils Agrarflächen,
deren Bodenfunktionen großflächig und dauerhaft verloren gingen. Die im Vorhabengebiet
vorhandenen hochwertigen, seltenen und schutzwürdigen Böden würden
durch das Erdkabel insbesondere durch den dauerhaften Entzug von Bodenfunktionen
erheblich mehr in Anspruch genommen.
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Thüringer Oberverwaltungsgericht
- Entscheidungsart:Beschluss
- Datum:29.02.2024
- Aktenzeichen:5 EO 574/23