BGH bestätigt Verurteilung eines Richters am Amtsgericht wegen Rechtsbeugung nach Untersagung von Coronaschutzmaßnahmen

Ein Familienrichter aus Weimar, der die Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen für falsch hielt, hatte gezielt nach einem passenden Fall und geneigten Gutachtern für eine entsprechende Entscheidung gesucht. Das war Rechtsbeugung, urteilte der Bundesgerichtshof.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 23. August 2023, durch das der Angeklagte wegen Rechtsbeugung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war, als unbegründet verworfen.
Sachverhalt Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen erließ der als Familienrichter tätige Angeklagte am 9. April 2021 eine einstweilige Anordnung, mit der er es den Leitungen und Lehrkräften zweier Weimarer Schulen untersagte, einzelne der seinerzeit geltenden Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gegenüber den dort unterrichteten Kindern durchzusetzen. Die Absicht, eine entsprechende Entscheidung zu treffen, habe der Angeklagte bereits Anfang des Jahres 2021 gefasst und deshalb zielgerichtet darauf hingewirkt, dass ein entsprechendes Verfahren in seinen geschäftsplanmäßigen Zuständigkeitsbereich gelangen werde. Er habe über eine von ihm mitbearbeitete Anregung entschieden und dabei das ihm übertragene Richteramt zielgerichtet benutzt und missbraucht. Die Entscheidung des Familienrichters hatte letztlich keinen Bestand. Auf die sofortige Beschwerde des Freistaats Thüringen hat das Thüringer Oberlandesgericht mit Beschluss vom 14.05.2021 den Beschluss des Familienrichters aufgehoben und den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren eingestellt. Eine gegen diesen Beschluss eingelegte Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof wies dieser zurück (Bundesgerichtshof, Beschluss v. 03.11.2021 - XII ZB 289/21 -). Die Familiengerichte hätten keine Zuständigkeit zur Überprüfung von Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen.
Richter verstieß in elementarer Weise gegen Verfahrensvorschriften Die Revision des Angeklagten war erfolglos. Das Urteil des Landgerichts weist weder formell noch sachlich Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf. Das Landgericht hat zutreffend als Rechtsbeugung gewertet, dass der Angeklagte, der sich außerdem zahlreiche Gehörsverstöße zuschulden kommen ließ, bei der von ihm verdeckt mit vorbereiteten und gelenkten Einleitung eines Kindesschutzverfahrens in elementarer Weise gegen Verfahrensvorschriften verstieß und die Auswahl mit seiner vorgefassten Rechtsauffassung übereinstimmender Sachverständiger vor Einleitung des Verfahrens heimlich über seine private E-Mail-Adresse vornahm. Diese Verfahrensverstöße wiegen in ihrer Kombination derart schwer, dass es im konkreten Fall weder auf die Motive des Angeklagten noch darauf ankommt, ob die Endentscheidung materiell rechtskonform war. Der Angeklagte handelte zum Vorteil der das Kindesschutzverfahren anregenden Eltern und zum Nachteil des Freistaats Thüringen.

Auch die Ausführungen des Landgerichts zur subjektiven Tatseite hielten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesgerichtshof
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:20.11.2024
  • Aktenzeichen:2 StR 54/24

Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)