Hat ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens ein vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungsanspruch erwirkt, besteht für ihn keine Pflicht zur Annahme eines befristeten Prozessarbeitsverhältnisses. Nimmt er ein solches Angebot nicht an, so liegt darin kein im Sinne von § 11 Nr. 2 KSchG böswillig unterlassener Zwischenverdienst. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2019 erhielt ein Arbeitnehmer aus Baden-Württemberg eine betriebsbedingte Kündigung. Die dagegen erhobene Kündigungsschutzklage hatte im August 2019 vor dem Arbeitsgericht Heilbronn Erfolg. Zugleich erwirkte der Arbeitnehmer ein vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungsanspruch. Die Arbeitgeberin legte zwar gegen das Urteil Berufung ein, nahm sie aber im Dezember 2019 wieder zurück. Im September 2019 bot die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer ein befristetes Prozessarbeitsverhältnis an. Dies lehnte der Arbeitnehmer ab. Vielmehr pochte er auf die Weiterbeschäftigung. Im November 2019 erhob der Arbeitnehmer Klage auf Zahlung der ausstehenden Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2019. Die Arbeitgeberin hielt den Anspruch für nicht gegeben, da der Arbeitnehmer es böswillig unterlassen habe, das Prozessarbeitsverhältnis einzugehen.
Arbeitsgericht wies Klage ab, Landesarbeitsgericht gab ihr statt
Während das Arbeitsgericht Heilbronn die Klage des Klägers abwies, gab ihr das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg statt. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Beklagten.
Bundesarbeitsgericht bejaht ebenfalls Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs zu. Die Beklagte haben den Kläger im Streitzeitraum nicht beschäftigt und habe sich aufgrund ihrer unwirksamen Kündigung im Annahmeverzug befunden. Dem Kläger sei nicht vorzuwerfen, er habe im Sinne von § 11 Nr. 2 KSchG böswillig einen anderweitigen Verdienst unterlassen.
Keine Pflicht zur Annahme des Prozessarbeitsverhältnisses
Zwar habe der Kläger das Angebot eines Prozessarbeitsverhältnisses und damit eine andere Beschäftigungsmöglichkeit ausgeschlagen, so das Bundesarbeitsgericht. Daraus könne ihm aber kein Vorwurf gemacht werden. Der Kläger sei nämlich angesichts des erstrittenen, vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungsurteils nicht zur Annahme des Prozessarbeitsverhältnisses verpflichtet gewesen. Es habe der Beklagten oblegen, ihrer Verpflichtung aus dem Urteil nachzukommen und die Weiterbeschäftigung des Klägers während des Kündigungsschutzverfahrens nicht vom Abschluss eines befristeten Prozessarbeitsverhältnisses abhängig zu machen.
- Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
- Vorinstanz:
- Arbeitsgericht HeilbronnUrteil[Aktenzeichen: 7 Ca 447/19]
- Landesarbeitsgericht Baden-WürttembergUrteil[Aktenzeichen: 19 Sa 51/20]
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Bundesarbeitsgericht
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:08.09.2021
- Aktenzeichen:5 AZR 205/21