Ein Landwirt aus der Eifel hätte für die Photovoltaikanlagen auf den Dächern seiner Betriebsgebäude nicht zu Mitgliedsbeiträgen zur Industrie- und Handelskammer herangezogen werden dürfen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Der Kläger ist Landwirt und Mitglied der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Er betreibt zusätzlich zur Landwirtschaft auf den Dächern seiner landwirtschaftlich genutzten Gebäude mehrere Photovoltaikanlagen. Den so erzeugten Strom speist er in das öffentliche Stromnetz ein. Seine Klage gegen die Erhebung von Beiträgen durch die Industrie- und Handelskammer blieb erstinstanzlich vor dem Verwaltungsgericht in Trier ohne Erfolg. Der Kläger könne sich insbesondere nicht auf die Beitragsprivilegierung aus § 3 Abs. 4 Satz 3 Industrie- und Handelskammergesetz berufen, wonach unter anderem Kammerzugehörige, die eine Landwirtschaft betreiben und Beiträge an eine andere Kammer entrichten, nur mit einem Zehntel ihres Gewerbeertrages zum IHK-Beitrag veranlagt werden. Diese Ausnahmevorschrift müsse einschränkend ausgelegt werden und sei im Fall des Klägers nicht anwendbar, weil dieser die Landwirtschaft und die Photovoltaikanlagen unabhängig voneinander betreibe.
Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts und hob den angefochtenen Beitragsbescheid auf. Zur Begründung führte es aus:
Der Kläger sei grundsätzlich beitragspflichtig. Denn er betreibe seine Photovoltaikanlagen im Bezirk der beklagten Industrie- und Handelskammer Trier und sei hierfür auch gewerbesteuerpflichtig. Die Kammerzugehörigkeit des Klägers sei auch nicht nach § 2 Abs. 2 des Industrie- und Handelskammergesetzes (IHKG) ausgeschlossen. Bei dem Betrieb der Photovoltaikanlagen handele es sich weder um Landwirtschaft im Sinne der Vorschrift noch um ein mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers verbundenes Nebengewerbe. Hierzu fehle es an der notwendigen Verbundenheit des Photovoltaikanlagenbetriebs mit dem landwirtschaftlichen Betrieb, die eine funktionale Abhängigkeit des Nebenbetriebs vom landwirtschaftlichen Hauptbetrieb erfordere.
Der Kläger könne aber die Beitragsprivilegierung nach § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG beanspruchen. Der Betrieb der Landwirtschaft stelle unbestritten seine Haupttätigkeit dar und er sei Mitglied der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG setze nicht voraus, dass das die Kammerzugehörigkeit auslösende weitere Gewerbe zwingend Teil des landwirtschaftlichen Betriebes sein oder einen Nebenbetrieb bezogen auf das landwirtschaftliche Unternehmen darstellen müsse. Eine solche Einschränkung habe im Wortlaut der Vorschrift keinen Niederschlag gefunden und könne auch nicht im Wege einer Rechtsfortbildung in die Norm hineingelesen werden. An einer Planwidrigkeit des Gesetzes als Voraussetzung für eine solche teleologische Reduktion fehle es hier. Vielmehr verdeutlichten die Gesetzesmaterialien den gesetzgeberischen Willen, Kammerzugehörige, die zugleich Mitglied einer weiteren Kammer seien, zu entlasten, solange die Ausübung der Land- oder Forstwirtschaft oder der Fischerei oder eines freien Berufes bei einer natürlichen Gesamtbetrachtungsweise deren Haupttätigkeit bleibe. Werde demnach entsprechend der Beitragsprivilegierung nach § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG im Fall des Klägers nur ein Zehntel seines Gewinns aus dem Betrieb der Photovoltaikanlagen als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt, so sei er nach § 3 Abs. 3 Satz 3 IHKG vom IHK-Beitrag freigestellt, da dieser Gewinn die dort bestimmte Grenze von 5.200 Euro nicht überschreite.
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:26.08.2025
- Aktenzeichen:6 A 10460/25.OVG