Das Landgericht Köln hat dem Eigentümer einer bei einem Polizeieinsatz beschädigten Wohnungseingangstür Schadensersatz gegen Mieter und Wohnungsnutzer zugesprochen. Zwar hätten die Beklagten die Tür nicht selbst beschädigt. Die Beschädigung durch die Polizisten sei ihnen jedoch zuzurechnen. Denn nach dem Ergebnis einer durchgeführten Beweisaufnahme stehe für das Gericht fest, dass die Beklagten den Polizeieinsatz in Form des Aufbrechens der Wohnungseingangstür durch ihr Verhalten ausgelöst haben.
Die Klägerin, die als Bauträgerin ein großes Bauprojekt in Köln errichtet
und bereits eine Vielzahl der Wohnungen an Erwerber verkauft und den
Besitz übertragen hat, nimmt drei Beklagte auf Schadensersatz in
Anspruch. Die Erwerberin einer der Wohnungen hat diese Wohnung an
den Beklagten zu 1) vermietet, der mit seinem Ehemann, dem Beklagten
zu 3), die Wohnung bewohnt. Im Juni 2021 kam es zu einem
Polizeieinsatz vor und in der Wohnung. Der Beklagte zu 1) hatte gegen
15:34 Uhr die Polizei aufgrund des Verhaltens seines Ehemannes, des
Beklagten zu 3), in der gemeinsamen Wohnung aufgefordert zu kommen.
Die Polizeibeamten versuchten nach ihrem Eintreffen vor Ort mehrfach
durch lautstarkes Klopfen und Rufen, die Mitbewohner dazu zu bewegen,
die Türe zu öffnen. Sie gaben sich dabei als Polizisten zu erkennen.
Letztlich brachen die Polizeibeamten die Tür auf, wodurch diese
beschädigt wurde.
Sachverhalt und Klagebegehren der Klägerin
Die Klägerin stützt ihren Anspruch darauf, dass der Beklagte zu 1) beim
Telefonat mit der Polizei angegeben habe, der Beklagte zu 3) würde „die
Wohnung auseinandernehmen“. Bei Eintreffen der Polizei hätten erste
Ermittlungen ergeben, dass ein gravierender Fall von häuslicher Gewalt
vorgelegen hätte. Die Beklagten zu 1) und 3) hätten in der Wohnung
randaliert. Schon beim Eintreten ins Erdgeschoss seien die Streitigkeiten zu hören gewesen. Offensichtlich hätten zumindest zwei Personen sich
in der Wohnung angeschrien, wobei eine Person deutlich aggressiver
gewesen sei. Die Streitigkeiten seien immer aggressiver bis zu einer
„Raserei“ geworden. Die Polizeibeamten hätten unmittelbar vor dem
Aufbrechen der Tür auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs
angedroht. Beim Polizeieinsatz sei die Tür, insbesondere die Türzarge
beschädigt worden. Die Reparatur würde 17.284,00 Euro kosten, die sie
mit der Klage ersetzt verlange.
Einwendungen der Beklagten gegen die Haftung
Der Beklagte zu 2) wendet gegen seine Haftung ein, dass er weder in der
Wohnung lebe noch beim Vorfall zugegen gewesen sei. Die Beklagten zu
1) und zu 3) bestreiten ihre Haftung, insbesondere, dass der Beklagte zu
1) der Polizei gesagt habe, der Beklagte zu 3) würde die Wohnung
„auseinandernehmen.“ Er könne sich an den genauen Wortlaut nicht
mehr erinnern. Zudem stellen sie in Abrede, dass ein Haubewohner an
die Beamten herangetreten sei und über einen lautstarken Streit berichtet
habe. Die Beamten hätten auch kein hochaggressives Gebrüll feststellen
können, sondern nur lautes, ängstliches Reden, weil die Polizei mit
erhobener Waffe vor der Tür gestanden hätte. Eine Schlichtung des
Streits durch die Polizei sei nicht erforderlich gewesen. Die
Polizeibeamten hätten plötzlich und überraschend versucht die Türe
aufzubrechen.
Entscheidung des Landgerichts Köln und rechtliche Einordnung
Der Argumentation der Beklagten zu 1) und zu 3) ist die 32. Zivilkammer
des Landgerichts Köln nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht
gefolgt und hat die beantragte Schadenssumme gegen beide teilweise
zugesprochen. Zur Begründung führt die Kammer aus, dass der Klägerin
Schadensersatz in Höhe von 2.135,60 € gegen die Beklagten zu 1) und
zu 3) zustehe, da diese jedenfalls fahrlässig das Eigentum der Klägerin
widerrechtlich verletzt hätten (sogenannte Haftung aus unerlaubter
Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB). Zwar hätten die Beklagten zu 1)
und zu 3) die Tür selbst nicht beschädigt, doch sei ihnen die
Beschädigungshandlung der Polizei zuzurechnen.
Rechtliche Maßstäbe zur Zurechnung polizeilicher Maßnahmen
Bei dem Dazwischentreten Dritter – hier der Polizei – sei grundsätzlich zu
beachten, ob die schadensstiftende Handlung (hier die Türöffnung durch
die Polizei) durch das Verhalten der Beklagten herausgefordert oder wesentlich mitbestimmt worden sei. Dies erfordere eine wertende
Betrachtung. Die Grenze sei dort zu sehen, wo ein eigenständiges
Verhalten eines Dritten dem Geschehen eine Wendung gebe, die die
Wertung erlaube, dass die erste Handlung für die zweite Handlung von
völlig untergeordneter Bedeutung sei. Von letzterem geht das Gericht
ausweislich seiner weiteren Begründung dagegen nicht aus.
Bewertung des Verhaltens der Beklagten als Auslöser der Polizeimaßnahme
Die Kammer führt dazu hinsichtlich des vorliegenden Falles aus, dass
sich die polizeilichen Maßnahmen ausschließlich gegen die in der
Wohnung befindlichen Personen, mithin den Beklagten zu 1) und 3)
gerichtet hätten. Diese seien damit als Störer anzusehen, die durch ihr
Verhalten die polizeilichen Maßnahmen herausgefordert und damit zu
verantworten hätten. Die von den Beamten gewählten Maßnahmen seien
auch nicht rechtswidrig, was die Zurechnung unterbrechen könnte,
sondern seien zur Gefahrenabwehr erforderlich und angemessen
gewesen. Im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr sei die Polizei
grundsätzlich berechtigt, zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung denjenigen in Anspruch zu nehmen, der bei
verständiger Würdigung der Sachlage als Verantwortlicher für die Gefahr
erscheine. Maßnahmen seien dabei auch dann nicht als rechtswidrig zu
qualifizieren, wenn sich die Annahme einer Gefahr aus späterer Sicht als
unrichtig erweise. Stellt sich nachträglich heraus, dass keine wirkliche
Gefahr vorlag, sondern nur der Anschein einer Gefahr erweckt wurde,
komme es darauf an, ob die Gefahreneinschätzung dem Urteil eines
fähigen, besonnen und sachkundigen Amtswalters (hier: Polizisten)
entspricht. Dies sei gerechtfertigt aus der Notwendigkeit, durch eine
polizeiliche Maßnahme einen raschen Eingriff zur Verhütung von
Gefahren oder zur Beseitigung bereits eingetretener Störungen zu
ermöglichen.
Tatsächliche Feststellungen zur Verursachung des Polizeieinsatzes
Nach dem Ergebnis der erhobenen Beweise stehe – so das Gericht weiter
– fest, dass die Beklagten zu 1) und 3) den Polizeieinsatz in Form des
Aufbrechens der Tür durch ihr Verhalten ausgelöst hätten. Zunächst
stehe nicht in Streit, dass der Beklagte zu 1) die Polizei aufgrund eines
Streites mit dem Beklagten zu 3) angerufen und den Polizeieinsatz dem
Grunde nach ausgelöst habe. Die gerichtlich vernommenen damals am
Einsatzort tätigen Polizeibeamten hätten zudem übereinstimmend
geschildert, dass bei ihrem Eintreffen vor Ort, namentlich dem Nähern der
Wohnung innerhalb des Gebäudes, Lärm einer Auseinandersetzung zu hören gewesen sei. Dies korrespondiere mit den sogar von den Beklagten
selbst vorgelegten Videoaufzeichnungen, die auch wenn diese erst
Situationen nach Eintreffen der Polizeibeamten vor Ort zeigen würden,
erkennen ließen, dass die Kommunikation zwischen den Beklagten zu 1)
und 3) auch zu diesem Zeitpunkt nicht harmonisch verlaufen sei. Soweit
der Beklagte zu 3) in seiner persönlichen Anhörung abweichend
angegeben habe, dass sich die Situation bei Eintreffen der
Polizeibeamten bereits beruhigt habe und er vom ohrenbetäubenden
Lärm vor der Tür überrascht gewesen sei, sieht dies die Kammer nach
ihrer weiteren Begründung im Wesentlichen bereits durch die
beklagtenseits vorgelegten Videos widerlegt. Zudem hätten die
polizeilichen Zeugen die Gewaltanwendung gegen die Tür zuvor auch
angedroht, was nicht nur durch die Angaben der vernommenen Zeugen
belegt werde. Denn letztlich – so begründet das Gericht weiter - könne
dem bekagtenseits vorgelegten Videomaterial entnommen werden, dass
beiden Beklagten bereits zu Beginn klar gewesen sei, dass die
Polizeibeamten Gewalt gegen die Tür anwenden würden. Denn sie hätten
die Polizeibeamten aufgefordert, dies zu unterlassen und Konsequenzen
im Falle eines entsprechenden Handelns angedroht, während sie
gleichzeitig rechtlichen Beistand hinzuzuziehen versuchten.
Schadenshöhe und abschließende Entscheidung des Gerichts
Die weitere Beweisaufnahme durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens zur Höhe des verursachten Schadens habe
dagegen lediglich einen Schaden in Höhe von 2.135,60 ergeben, so dass
die Klage gegen die Beklagten zu 1) und zu 3) nur in dieser Höhe
zugesprochen wurde. Im Übrigen hat das Gericht die Klage – auch
gegenüber dem Beklagten zu 2) – abgewiesen. Dabei stützt sich die
Kammer darauf, dass der Beklagte zu 2) zum Zeitpunkt des
Polizeieinsatzes kein Mieter mehr gewesen sei und sich zum Zeitpunkt
des Einsatzes auch nicht in der Wohnung aufgehalten habe. Daher könne
ihm der Einsatz nicht zugerechnet werden.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
- Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Landgericht Köln
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:08.04.2025
- Aktenzeichen:32 O 77/22