Radfahrerin hat nach Sturz aufgrund eines Bodenlochs auf Waldweg keinen Anspruch auf Schadensersatz

Das Oberlandesgericht am Main hat entschieden, dass ein Waldbesitzer für "waldtypische Gefahren" nicht verantwortlich ist. Zudem kann das allgemeine Lebensrisiko nicht auf den verkehrssicherungspflichtigen Waldbesitzer abgewälzt werden, selbst wenn atypische Gefahren vorliegen. Eine Radfahrerin, die sich bei einem Sturz aufgrund eines Bodenlochs auf dem Waldweg verletzt, hat daher keinen Anspruch auf Schadensersatz.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls nimmt das beklagte Land Hessen auf Schadensersatz in Anspruch. Sie unternahm im Frühjahr 2016 im Kreis Groß-Gerau eine Radtour auf einem Waldweg der Beklagten. Dieser Weg ist nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet, wird aber häufig von Fußgängern und Radfahrern genutzt. Er ist unbefestigt und weist Löcher und Querrillen auf, die der Klägerin von früheren Ausflügen her bekannt waren.
Klägerin nimmt Land auf Schmerzensgeld in Anspruch Die Klägerin behauptet, trotz umsichtiger Fahrweise habe sich plötzlich und für sie gänzlich unvorhersehbar ein ca. 20 × 20 cm breites und 20 cm tiefes Loch im Weg gezeigt. Beim Versuch, dem Loch auszuweichen, sei sie ins Schleudern geraten und auf ihre linke Schulter gestürzt. Sie nimmt deshalb das Land Hessen auf Schmerzensgeld in Anspruch.
Waldbesucher setzt sich mit Betreten des Waldes bewusst waldtypischen Gefahren aus Das Landgericht Darmstadt wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin hin bekräftigte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass das Land für den behaupteten Unfall nicht hafte. Eine Haftung des Waldbesitzers für waldtypische Gefahren sei ausgeschlossen, weil sich der Waldbesucher mit dem Betreten des Waldes bewusst derartigen Gefahren aussetze, so das Oberlandesgericht. Dies gelte in besonderer Weise bei der Nutzung von Waldwegen, die nach dem Straßen- und Wegerecht keine öffentlichen Straßen darstellten. Auch wenn derartige Wege stark frequentiert würden - wie hier -, sei der Waldbesitzer nicht für waldtypische Gefahren verantwortlich. "Waldtypisch" seien dabei Gefahren, die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergäben, so das Gericht unter Bezugnahme auf höchstrichterliche Rechtsprechung. Das streitgegenständliche Loch unterfalle diesem Begriff. Es entspreche allgemeiner Erfahrung, dass im bewaldeten Gelände Wege auf gewachsenem Boden durch Wurzelwerk und Auswaschungen infolge von Witterungseinflüssen erhebliche Unebenheiten, insbesondere auch Löcher, aufweisen könnten.
Auch Haftung für atypische Gefahren scheidet aus Im Übrigen würde das beklagte Land auch nicht haften, wenn eine atypische Gefahr vorgelegen hätte, ergänzt das Oberlandesgericht. Eine Pflichtverletzung scheide grundsätzlich aus, wenn die Gefahrenquelle mit einer "Selbstwarnung" versehen sei. Die Verkehrssicherungspflicht diene insbesondere nicht dazu, das allgemeine Lebensrisiko auf den Sicherungspflichtigen abzuwälzen, betonte das Oberlandesgericht. Die von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder würden belegten, dass das Loch als Gefahrenquelle ausreichend erkennbar gewesen sei.

Die Klägerin hat auf diesen Hinweis hin ihre Berufung zurückgenommen, so dass das landgerichtliche Urteil rechtskräftig ist.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Frankfurt am Main
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:30.10.2017
  • Aktenzeichen:13 U 111/17

Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online