LG Osnabrück zum Entschädigungsanspruch bei Bombenräumung auf Verdacht

Die Räumung von Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg ist regelmäßig mit hohen Kosten verbunden. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass von der beseitigten Bombe keine Gefahr ausging, kann der sogenannte Verdachtsstörer, also derjenige, dessen Grundstück von der Räumung zur Bombenentschärfung betroffen ist, für dadurch erlittene Nachteile eine Entschädigung verlangen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aufgrund von Lichtbildern über Bombenabwürfe bestand der Verdacht, dass auf dem Grundstück einer Eissporthalle in Osnabrück zwei Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg liegen könnten. Als zuständige Gefahrenabwehrbehörde wandte sich die Stadt Osnabrück in Zusammenarbeit mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst an die Betreibergesellschaft der Eissporthalle. Auf der Eisfläche wurden an zwei Verdachtsstellen jeweils 19 Bohrungen vorgenommen. Nach Ortung eines Metallgegenstandes wurde ein 4 x 2 großes Loch auf der Eislauffläche gegraben. Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Metallgegenstand um einen sogenannten "Zerscheller" handelte, also einer Bombe, die beim Aufprall zerbrochen und allenfalls teilweise detoniert ist. Der Zünder war vom Bombenkörper abgetrennt.
Kostenstreit Mit ihrer Klage nahm die Stadt Osnabrück die Betreibergesellschaft der Eissporthalle als Beklagte auf Zahlung von Erbbauzinsen in Anspruch. Diesem Anspruch setzte die Beklagte Gegenforderungen in Höhe von 88.488 Euro entgegen. Diese Kosten seien nach der Bombenräumung angefallen, um den ursprünglichen Zustand der Eisfläche wieder herzustellen.
Stadt muss sich Gegenforderung der beklagten Eissporthalle anrechnen lassen Das Landgericht Osnabrück entschied, dass sich die Stadt auf ihre Erbbauzinsen eine Gegenforderung in Höhe von 18.570,96 Euro anrechnen lassen muss. In dieser Höhe sei der geltend gemachte Anspruch durch Aufrechnung erloschen. Darüber hinaus gehende Ansprüche der Betreibergesellschaft der Eissporthalle seien aber verjährt.
Beklagte kann für erlittene Nachteile Entschädigung verlangen Der Beklagten stehe ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 18.570,96 Euro zu. Bestätige sich ein ursprünglich bestehender Gefahrenverdacht nach Durchführung der Gefahrerforschungsmaßnahme nicht, könne der sogenannte Verdachtsstörer für dadurch erlittene Nachteile Entschädigung verlangen. Der Verdachtsstörer erbringe ein Sonderopfer für die Allgemeinheit, um die vermeintliche Gefahr zu beseitigen. Dieses Sonderopfer müsse durch Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs ausgeglichen werden. Der in § 80 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) geregelte Entschädigungsanspruch erfasse den Verdachtsstörer von seinem Wortlaut her zwar nicht. Allerdings weise das Landesrecht Niedersachsens insoweit eine planwidrige Regelungslücke auf, weswegen die Vorschrift auch auf den Verdachtsstörer analog anzuwenden sei. Gleiches habe der Bundesgerichtshof bereits für das Landesrecht Nordrhein-Westfalens anerkannt.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Landgericht Osnabrück
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:29.03.2018
  • Aktenzeichen:5 O 2410/17

Landgericht Osnabrück/ra-online