In den Niederlanden aufgezogene Kultur-Champignons dürfen mit "Ursprung: Deutschland" gekennzeichnet werden

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass Champignons, die erst kurz vor ihrer Ernte nach Deutschland verbracht wurden, als deutsche Champignons verkauft werden dürfen.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte die Wettbewerbszentrale im Jahr 2013 die Kennzeichnung einer im Supermarkt erhältlichen Packung Kultur-Champignons mit "Ursprung: Deutschland" als irreführend beanstandet. Die Kultur-Champignons wurden mehrere Wochen in den Niederlanden aufgezogen und nur für die Ernte (gut zwei Tage vorher) nach Deutschland transportiert.
OLG verweist auf Vorgaben zur Kennzeichnung gemäß Zollkodex Das Oberlandesgericht Stuttgart war zwar davon ausgegangen, dass der Verbraucher die Kennzeichnung dahingehend verstehe, dass der gesamte Produktionsprozess in Deutschland stattgefunden habe und die Kennzeichnung in der Tat die Verbraucher irreführen könne. Das Oberlandesgericht sah sich jedoch gehindert ein Verbot auszusprechen, da die Pilze gemäß Art. 23 Zollkodex leider genauso zu kennzeichnen seien (OLG Stuttgart, Urteil vom 10.03.2016, Az. 2 U 63/15 - nicht rechtskräftig). Allerdings hatte das Oberlandesgericht Stuttgart die Revision zugelassen. Der daraufhin von der Wettbewerbszentrale angerufene Bundesgerichtshof erkannte den Widerspruch zwischen Verbraucherschutz und Zollkodex und legte die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union vor (BGH, Az. I ZR 74/16).
Informationen über Ursprungsland nicht zur Irreführung von Verbrauchern geeignet Nach den Schlussanträgen des Generalanwalts beim Gerichtshof der Europäischen Union ist das Ursprungsland von pflanzlichen Erzeugnissen das Land ihrer Ernte. Die korrekte Angabe über das Land der Ernte sei nicht geeignet, den Durchschnittsverbraucher in die Irre zu führen. Weiterhin sei davon auszugehen, dass solche Informationen nicht als wesentlich für den Durchschnittsverbraucher anzusehen seien. Daraus folge, dass die Informationen über das Ursprungsland nicht geeignet seien, den Verbraucher in die Irre zu führen.
Aufklärender Zusatz über tatsächliche Verhältnisse der Aufzucht kann nicht verlangt werden Der Gerichtshof der Europäischen Union hat nunmehr entschieden, dass für die Bestimmung des Ursprungslandes auf den Zollkodex abzustellen ist. Danach ist Ursprungsland das Ernteland, unabhängig davon, ob wesentliche Produktionsschritte in anderen Ländern erfolgt sind. Die in zahlreichen anderen unionsrechtlichen Vorschriften enthaltenen Verbote, den Verbraucher über das Ursprungsland zu täuschen, seien deshalb nicht anwendbar. Ein aufklärender Zusatz über die tatsächlichen Verhältnisse der Aufzucht kann nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht verlangt werden.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Gerichtshof der Europäischen Union
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:04.09.2019
  • Aktenzeichen:C-686/17

Wettbewerbszentrale/ra-online (pm/kg)