Verfassungsrechtliche Unschuldsvermutung gilt nicht bei Veröffentlichung eines begründeten Verdachts von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Verstöße

Die verfassungsrechtliche Unschuldsvermutung gilt nicht bei der Veröffentlichung eines begründeten Verdachts von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften auf Basis von § 40 Abs. 1a LFGB. Die Information der Öffentlichkeit über lebensmittelrechtliche Missstände haben keinen Strafcharakter. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2020 fand in einer Bäckerei eine Betriebskontrolle statt. Dabei wurden einige Missstände offensichtlich. So war der Fußboden der Backstube, Steckdosen und Lichtschalter mit alten Lebensmittelresten verunreinigt. In einer Teigknetmaschine befanden sich Spinnweben. Die zuständige Behörde wollte die Missstände veröffentlichen. Dagegen richtete sich der vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Eilantrag der Betreiber der Bäckerei. Sie bestritten die Vorwürfe und verwiesen unter anderem auf die Unschuldsvermutung. Die Information der Öffentlichkeit über lebensmittelrechtliche Verstöße entfalte eine Prangerwirkung, die einer Strafe gleichkomme. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Bäckereibetreiber.

Keine Geltung der verfassungsrechtlichen Unschuldsvermutung Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die geplante Veröffentlichung der Missstände sei aller Voraussicht nach rechtmäßig. Die verfassungsrechtliche Unschuldsvermutung greife nicht. Die Bäckereibetreiber verkennen die Zielrichtung behördlicher Information der Öffentlichkeit über lebensmittelrechtliche Missstände auf Grundlage von § 40 Abs. 1a LFGB.

Information der Öffentlichkeit über lebensmittelrechtliche Missstände haben keinen Strafcharakter Die Maßnahmen auf Grundlage des § 40 Abs. 1a LFGB weisen keinen strafähnlichen Charakter auf, so der Verwaltungsgerichtshof. Die Informationsverbreitung diene der Durchsetzung des allgemeinen Zwecks des Gesetzes, Gesundheitsgefahren vorzubeugen sowie abzuwehren und die Verbraucher vor Täuschung zu schützen. Die Maßnahme verfolge daher ausschließlich oder jedenfalls weit überwiegende präventive Zwecke und sei folglich nicht am Verfassungsgrundsatz der Unschuldsvermutung zu messen.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:17.12.2020
  • Aktenzeichen:9 S 2481/20

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, ra-online (vt/rb)