Unzulässige Wohnungsdurchsuchung bei ausreisepflichtigem Ausländer zwecks Auffindens von vermuteten Ausweispapieren

Die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei einem ausreisepflichtigen Ausländer zwecks Auffindens von bloß vermuteten Ausweispapieren ist unzulässig. Es spricht keine allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass Ausweispapiere vorenthalten werden. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall ordnete das Amtsgericht Gelsenkirchen im Oktober 2020 die Durchsuchung der Wohnung eines ausreisepflichtigen Ausländers an. Die Ausländerbehörde vermutete, dass sich in der Wohnung Ausweispapiere befanden, die der Ausländer absichtlich zurückhielt, um seine Abschiebung zu verhindern. Gegen den Durchsuchungsbeschluss legte der Ausländer Beschwerde ein.

Rechtswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten des Ausländers. Der Durchsuchungsbeschluss sei rechtswidrig. Insbesondere habe er nicht auf § 41 Abs. 1 Nr. 1 des Polizeigesetzes Nordrhein-Westfalen gestützt werden können. Dies hätte nämlich das Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten dafür vorausgesetzt, dass sich in der Wohnung Ausweispapiere oder sonstige zur Identifizierung geeignete Dokumente befinden. Allein die schlichte Möglichkeit genüge für einen Durchsuchungsbeschluss aber nicht.

Allgemeine Lebenserfahrung spricht nicht für Vorenthalten von Ausweispapieren Es gebe nach Ansicht des Oberlandesgericht keine allgemeine Lebenserfahrung, nach der nahezu alle ausreisepflichtigen Ausländer über Identitätsnachweise verfügen, die sie den Ausländerbehörden bewusst vorenthalten, um eine Rückführung in das Heimatland zu erschweren oder zu verhindern.

Verletzung der Mitwirkungspflichten stellt kein Indiz für Vorenthalten Auch eine hartnäckige Verletzung der Mitwirkungspflichten aus § 48 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes stelle kein Indiz dafür dar, so das Oberlandesgericht, dass der Ausländer in seiner Wohnung Ausweispapiere aufbewahrt.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Hamm
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:04.03.2021
  • Aktenzeichen:15 W 80/21

Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)