Anscheinsbeweis bei Unfall wegen Fahrstreifenwechsels setzt nicht Vollendung des Fahrstreifenwechsels voraus

Der sich aus einem Verkehrsunfall bei einem Fahrstreifenwechsel ergebende Anscheinsbeweis setzt nicht voraus, dass der Fahrstreifenwechsel vollendet ist. Die Sorgfaltsanforderungen bei einem Fahrstreifenwechsel gemäß § 7 Abs. 5 StVO gelten bereits ab Verlassen des - gegebenenfalls auch nicht markierten - Fahrstreifens. Dies hat das Kammergericht Berlin entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Fahrzeugführer erhob im Jahr 2018 vor dem Landgericht Berlin Klage auf Zahlung von Schadensersatz gegen einen anderen Fahrzeugführer und dessen Haftpflichtversicherung. Hintergrund dessen war ein Verkehrsunfall, der sich dadurch ereignet hatte, dass der Beklagte mit seinem Fahrzeug den linken Fahrstreifen nach rechts verließ und dort mit dem Fahrzeug des Klägers zusammenstieß. Dem Kläger war eine Vermeidung der Kollision aufgrund der kurzen Reaktionszeit nicht mehr möglich gewesen. Nachdem das Landgericht seine Entscheidung getroffen hatte, musste das Kammergericht Berlin als Berufungsinstanz über den Fall entscheiden.

Unfall bei Fahrstreifenwechsel spricht für Verstoß gegen Sorgfaltsanforderungen Das Kammergericht Berlin entschied, dass dem Beklagten die alleinige Haftung für den Verkehrsunfall treffe. Es spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Beklagte beim Fahrstreifenwechsel die Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs. 5 StVO nicht beachtet habe. Für den Anscheinsbeweis sei es unerheblich, dass der Fahrstreifenwechsel noch nicht vollständig vollzogen war als es zur Kollision kam. Die Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs. 5 StVO beginnen bereits mit dem Verlassen des - gegebenenfalls auch nicht markierten - Fahrstreifens.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Kammergericht Berlin
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:10.02.2021
  • Aktenzeichen:25 U 160/19

Kammergericht Berlin, ra-online (vt/rb)