Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten während Corona-Pandemie

Das FG Hamburg hat entschieden, dass auch nach der Neufassung des § 78 Absatz 3 Satz 1 FGO im Einzelfall eine Übersendung der Akten in die Kanzleiräume eines Prozessbevollmächtigten nicht ausgeschlossen ist und die Möglichkeit der Akteneinsicht auch zu Pandemiezeiten durch Übersendung der Akten in die Kanzleiräume zu realisieren ist.

Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO können die Beteiligten die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Nach Absatz 3 der Vorschrift wird Akteneinsicht in die in Papierform geführten Akten grundsätzlich durch Einsichtnahme in die Akten in den Diensträumen des Gerichts, anderer Gerichte oder Behörden gewährt. Allerdings kann in Ausnahmefällen der Anspruch auf rechtliches Gehör und Waffengleichheit auch einen Anspruch auf Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten begründen, über den im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu befinden ist (BFH-Beschluss vom 13. Juni 2020, VIII B 149/19).
FG bejahrt Recht auf Akteneinsicht in Kanzleiräumen während der Pandemie
Das FG Hamburg an nun einen derartigen Ausnahmefall vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens im Zusammenhang mit der Pandemie anerkannt. Der Prozessbevollmächtigte könne auch nicht auf mit dem Hinweis auf das Ende der Pandemie „vertröstet“ werden, weil dieser Zeitpunkt ungewiss sei. Da auch in Zeiten der Pandemie die Gerichte ihrer verfassungsrechtlichen Aufgabe der effektiven Rechtsschutzgewährleistung gerecht werden müssten, sei die Akteneinsicht durch Übersendung der Akten in die Kanzleiräume zu gewähren.

    Angaben zum Gericht:

    • Gericht:Finanzgericht Hamburg
    • Entscheidungsart:Beschluss
    • Datum:01.02.2021
    • Aktenzeichen:4 K 136/20

    Finanzgericht Hamburg, ra-online (pm/ab)