Kein Kündigungsrecht des Vermieters bei Zahlungsverzug wegen schwerer Depression

Kann ein Wohnungsmieter wegen einer schweren Depression seine freiberufliche Tätigkeit nicht nachgehen und auch nicht Leistungen beim Jobcenter in Anspruch nehmen, rechtfertigt der dadurch bedingte Zahlungsverzug keine Kündigung des Mietverhältnisses. Dies hat das Amtsgericht Münster entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein freiberuflicher Journalist erkrankte im Juni 2019 an einer schweren depressiven Episode. Aufgrund dessen konnte er seinen Beruf nicht mehr nachgehen, weswegen er seine Miete für August, September und Oktober 2019 nicht zahlen konnte. Aufgrund der Erkrankung war ihm auch eine Inanspruchnahme von Leistungen beim Jobcenter unmöglich. Die Vermieterin kündigte den Mieter im Oktober 2019 wegen der Mietrückstände fristlos und fristgemäß und erhob schließlich im November 2019 Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Im Januar 2020 erfolgte der vollständige Ausgleich der Rückstände durch das Jobcenter. Zu weiteren Zahlungsschwierigkeiten kam es nicht.

Kein Recht zur Kündigung wegen Zahlungsverzugs Das Amtsgericht Münster entschied gegen die Vermieterin. Die fristlose Kündigung sei unwirksam, da sämtliche Mietrückstände innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ausgeglichen wurden. Aber auch die ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB sei unwirksam, da der Mieter seine Pflicht zur Mietzahlung nicht schuldhaft verletzt habe. Aufgrund der schweren Depression sei es dem Mieter nicht möglich gewesen, zu arbeiten und Leistungen vom Jobcenter in Anspruch zu nehmen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Mieter seit Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 2004 seinen Pflichten beanstandungslos nachgekommen war. Die vorliegende Verfehlung sei die erste im Laufe des langjährigen Mietverhältnisses gewesen.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Amtsgericht Münster
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:27.10.2020
  • Aktenzeichen:4 C 3363/19

Amtsgericht Münster, ra-online (zt/WuM 2021, 178/rb)