Eine an den Installateur einer Photovoltaik-Anlage gezahlte Umsatzsteuer kann zurückverlangt werden, wenn die Anlage erst nach dem 01.01.2023 fertiggestellt wurde.
Der Kläger beauftragte am 15.07.2022 die Beklagte mit der Installation einer Photovoltaikanlage
einschließlich Planungsleistungen, Wechselrichter, Fördermittelberatung,
Anlagenmontage, Anmeldung beim zuständigen Netzbetreiber sowie Umbau des
Zählerkastens für sein privates Wohnhaus zum Preis von 15.900 € netto, zzgl. 3.021 €
Umsatzsteuer. Die Rechnung bezahlte der Kläger am 20.09.2022 nach der Montage
der Module auf dem Dach. Der Wechselrichter wurde am 27.12.2022 eingebaut. Die
Abnahme durch den örtlichen Netzbetreiber erfolgte am 17.02.2023, wobei dieser
noch Mängel in der Verkabelung feststellte. Am 17.03.2023 wurden diese Mängel
beseitigt, am 08.05.2023 ein Zweistromzähler durch den Netzbetreiber eingebaut und
die Anlage freigegeben.
Seit 1.1.2023 keine Umsatzsteuer mehr auf Kauf bzw. Einbau privater Photovoltaikanlagen
Seit dem 01.01.2023 ist auf den Kauf bzw. Einbau privater Photovoltaikanlagen nach
§ 12 Abs. 3 Nr. 4 UStG der Nullsteuersatz anzuwenden.
Der Kläger ist – anders als die Beklagte – der Auffassung, dass die Photovoltaikanlage
erst im Jahr 2023 fertiggestellt wurde und er daher die Umsatzsteuer zu
Unrecht zahlte und verklagte die Beklagte vor dem Amtsgericht München auf Zahlung
von 3.021 €.
Photovoltaikanlage des Klägers unterliegt dem Nullsteuersatz
Das Amtsgericht München gab der Klage statt. Es stellte fest, dass die Installation der
Photovoltaikanlage dem Nullsteuersatz des § 12 Abs. 3 Nr. 4 UStG unterliegt:
„Zwar ist in der Umsatzsteuer jede Lieferung und jede sonstige Leistung als
selbständige Leistung zu betrachten. Jedoch gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit der
Leistung. Ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang darf nicht künstlich aufgesplittet
werden. […] Vorliegend wünscht der Leistungsempfänger eine betriebsfertige
Photovoltaikanlage zu erhalten. Auf die einzelnen Elemente sowie auf das Verhältnis
von Material und Arbeitsleistung kommt es dem Kunden nicht an. Planung, Lieferung
und Aufbau einer Photovoltaikanlage sind somit grundsätzlich einheitlich als ein
Umsatz zu beurteilen […].
Photovoltaikanlage ist erst fertiggestellt, wenn der Kunde sie abgenommen hat und sie an das Stromnetz angeschlossen wurde
Der Zeitpunkt der Leistungserbringung hängt wiederum von der Art des Umsatzes ab.
[…] Eine (Montage- oder Werk-)Lieferung gilt […] als ausgeführt, wenn der
Leistungsempfänger die Verfügungsmacht über den geschuldeten Gegenstand erhält.
Das ist in der Regel erst nach beendeter Abnahme und erfolgtem Anschluss der
Photovoltaikanlage an das inländische Stromnetzwerk der Fall. […]
Vorliegend fällt die (konkludente) Abnahme der Photovoltaikanlage durch den Kläger
mit dem Anschluss der Anlage an das inländische Stromnetz durch den örtlichen
Netzbetreiber am 08.05.2023 zusammen. Erst zu diesem Zeitpunkt stand für den
Kläger die Funktionsfähigkeit der Anlage fest.“
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Amtsgericht München
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:05.06.2024
- Aktenzeichen:158 C 24118/23